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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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jetzt erhob es sich vom Stuhl, wiegte sich in den neuen Schuhen und ging eifrig einige Mal auf und nieder. Es zog das lange blaue Kleid etwas zurück und beschaute wohlgefällig die rothen wollenen Schleifen, welche die Schuhe zierten, während Sali unaufhörlich die feine reizende Gestalt betrachtete, welche da in lieblicher Aufregung vor ihm sich regte und freute. -- Du beschaust meinen Strauß? sagte Vrenchen, hab' ich nicht einen schönen zusammengebracht? Du mußt wissen, dies sind die letzten Blumen, die ich noch aufgefunden in dieser Wüstenei. Hier war noch ein Röschen, dort eine Aster, und wie sie nun gebunden sind, würde man es ihnen nicht ansehen, daß sie aus einem Untergange zusammengesucht sind! Nun ist es aber Zeit, daß ich fortkomme, nicht ein Blümchen mehr im Garten und das Haus auch leer! -- Sali sah sich um und bemerkte erst jetzt, daß alle Fahrhabe, die noch da gewesen, weggebracht war. Du armes Vreeli! sagte er, haben sie dir schon Alles genommen? -- Gestern, erwiderte es, haben sie's weggeholt, was sich von der Stelle bewegen ließ, und mir kaum mehr mein Bett gelassen. Ich hab's aber auch gleich verkauft und hab' jetzt auch Geld, sieh'! Es holte einige neu glänzende Thalerstücke aus der Tasche seines Kleides und zeigte sie ihm. Damit, fuhr es fort, sagte der Waisenvogt, der auch hier war, solle ich mir einen Dienst suchen in einer Stadt, und ich solle mich heute gleich auf den Weg machen! --Da ist aber auch gar nichts mehr vorhanden, sagte Sali, nach-

jetzt erhob es sich vom Stuhl, wiegte sich in den neuen Schuhen und ging eifrig einige Mal auf und nieder. Es zog das lange blaue Kleid etwas zurück und beschaute wohlgefällig die rothen wollenen Schleifen, welche die Schuhe zierten, während Sali unaufhörlich die feine reizende Gestalt betrachtete, welche da in lieblicher Aufregung vor ihm sich regte und freute. — Du beschaust meinen Strauß? sagte Vrenchen, hab' ich nicht einen schönen zusammengebracht? Du mußt wissen, dies sind die letzten Blumen, die ich noch aufgefunden in dieser Wüstenei. Hier war noch ein Röschen, dort eine Aster, und wie sie nun gebunden sind, würde man es ihnen nicht ansehen, daß sie aus einem Untergange zusammengesucht sind! Nun ist es aber Zeit, daß ich fortkomme, nicht ein Blümchen mehr im Garten und das Haus auch leer! — Sali sah sich um und bemerkte erst jetzt, daß alle Fahrhabe, die noch da gewesen, weggebracht war. Du armes Vreeli! sagte er, haben sie dir schon Alles genommen? — Gestern, erwiderte es, haben sie's weggeholt, was sich von der Stelle bewegen ließ, und mir kaum mehr mein Bett gelassen. Ich hab's aber auch gleich verkauft und hab' jetzt auch Geld, sieh'! Es holte einige neu glänzende Thalerstücke aus der Tasche seines Kleides und zeigte sie ihm. Damit, fuhr es fort, sagte der Waisenvogt, der auch hier war, solle ich mir einen Dienst suchen in einer Stadt, und ich solle mich heute gleich auf den Weg machen! —Da ist aber auch gar nichts mehr vorhanden, sagte Sali, nach-

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[0082] jetzt erhob es sich vom Stuhl, wiegte sich in den neuen Schuhen und ging eifrig einige Mal auf und nieder. Es zog das lange blaue Kleid etwas zurück und beschaute wohlgefällig die rothen wollenen Schleifen, welche die Schuhe zierten, während Sali unaufhörlich die feine reizende Gestalt betrachtete, welche da in lieblicher Aufregung vor ihm sich regte und freute. — Du beschaust meinen Strauß? sagte Vrenchen, hab' ich nicht einen schönen zusammengebracht? Du mußt wissen, dies sind die letzten Blumen, die ich noch aufgefunden in dieser Wüstenei. Hier war noch ein Röschen, dort eine Aster, und wie sie nun gebunden sind, würde man es ihnen nicht ansehen, daß sie aus einem Untergange zusammengesucht sind! Nun ist es aber Zeit, daß ich fortkomme, nicht ein Blümchen mehr im Garten und das Haus auch leer! — Sali sah sich um und bemerkte erst jetzt, daß alle Fahrhabe, die noch da gewesen, weggebracht war. Du armes Vreeli! sagte er, haben sie dir schon Alles genommen? — Gestern, erwiderte es, haben sie's weggeholt, was sich von der Stelle bewegen ließ, und mir kaum mehr mein Bett gelassen. Ich hab's aber auch gleich verkauft und hab' jetzt auch Geld, sieh'! Es holte einige neu glänzende Thalerstücke aus der Tasche seines Kleides und zeigte sie ihm. Damit, fuhr es fort, sagte der Waisenvogt, der auch hier war, solle ich mir einen Dienst suchen in einer Stadt, und ich solle mich heute gleich auf den Weg machen! —Da ist aber auch gar nichts mehr vorhanden, sagte Sali, nach-

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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:34:29Z)

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/82>, abgerufen am 24.11.2024.