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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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heimgegeben war. So war ich bald darauf an¬
gewiesen, mir mein Spielzeug selbst zu schaffen.
Das Papier, das Holz, die gewöhnlichen Aus¬
helfer in diesem Falle, waren schnell abgebraucht,
besonders da ich keinen männlichen Mentor hatte,
welcher mich mit Handgriffen und Künsten be¬
kannt machte. Was ich so bei den Menschen
nicht fand, das gab mir die stumme Natur. Ich
sah aus der Ferne bei vornehmern Knaben, daß
sie artige kleine Naturaliensammlungen besaßen,
besonders Steine und Schmetterlinge, und von
ihren Lehrern und Vätern angeleitet wurden,
dergleichen selbst auf ihren Ausflügen zu suchen.
Ich ahmte dieses nun auf eigene Faust nach und
begann gewagte Reisen längs der Bach- und
Flußbette zu unternehmen, wo ein buntes Ge¬
schiebe an der Sonne lag. Bald hatte ich eine
gewichtige Sammlung glänzender und farbiger
Mineralien beisammen, Glimmer, Quarze, bunte
Kiesel und solche Steine, welche mir durch ihre
abweichende Form auffielen, wie Schieferstücke,
gegenüber einem seltsam verwaschenen Kiesel etc.
Glänzende Schlacken, aus Hüttenwerken in den

heimgegeben war. So war ich bald darauf an¬
gewieſen, mir mein Spielzeug ſelbſt zu ſchaffen.
Das Papier, das Holz, die gewoͤhnlichen Aus¬
helfer in dieſem Falle, waren ſchnell abgebraucht,
beſonders da ich keinen maͤnnlichen Mentor hatte,
welcher mich mit Handgriffen und Kuͤnſten be¬
kannt machte. Was ich ſo bei den Menſchen
nicht fand, das gab mir die ſtumme Natur. Ich
ſah aus der Ferne bei vornehmern Knaben, daß
ſie artige kleine Naturalienſammlungen beſaßen,
beſonders Steine und Schmetterlinge, und von
ihren Lehrern und Vaͤtern angeleitet wurden,
dergleichen ſelbſt auf ihren Ausfluͤgen zu ſuchen.
Ich ahmte dieſes nun auf eigene Fauſt nach und
begann gewagte Reiſen laͤngs der Bach- und
Flußbette zu unternehmen, wo ein buntes Ge¬
ſchiebe an der Sonne lag. Bald hatte ich eine
gewichtige Sammlung glaͤnzender und farbiger
Mineralien beiſammen, Glimmer, Quarze, bunte
Kieſel und ſolche Steine, welche mir durch ihre
abweichende Form auffielen, wie Schieferſtuͤcke,
gegenuͤber einem ſeltſam verwaſchenen Kieſel ꝛc.
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[244/0258] heimgegeben war. So war ich bald darauf an¬ gewieſen, mir mein Spielzeug ſelbſt zu ſchaffen. Das Papier, das Holz, die gewoͤhnlichen Aus¬ helfer in dieſem Falle, waren ſchnell abgebraucht, beſonders da ich keinen maͤnnlichen Mentor hatte, welcher mich mit Handgriffen und Kuͤnſten be¬ kannt machte. Was ich ſo bei den Menſchen nicht fand, das gab mir die ſtumme Natur. Ich ſah aus der Ferne bei vornehmern Knaben, daß ſie artige kleine Naturalienſammlungen beſaßen, beſonders Steine und Schmetterlinge, und von ihren Lehrern und Vaͤtern angeleitet wurden, dergleichen ſelbſt auf ihren Ausfluͤgen zu ſuchen. Ich ahmte dieſes nun auf eigene Fauſt nach und begann gewagte Reiſen laͤngs der Bach- und Flußbette zu unternehmen, wo ein buntes Ge¬ ſchiebe an der Sonne lag. Bald hatte ich eine gewichtige Sammlung glaͤnzender und farbiger Mineralien beiſammen, Glimmer, Quarze, bunte Kieſel und ſolche Steine, welche mir durch ihre abweichende Form auffielen, wie Schieferſtuͤcke, gegenuͤber einem ſeltſam verwaſchenen Kieſel ꝛc. Glaͤnzende Schlacken, aus Huͤttenwerken in den

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/258>, abgerufen am 22.11.2024.