Verschwendung an sich. Es reizte mich, jeden Augenblick die kleinen Herrlichkeiten, wonach jenes Alter gelüstet, kaufen zu können: immer hatte ich die Hand in der Tasche, um mit Münzen hervorzufahren; Gegenstände, welche Knaben sonst vertauschen, kaufte ich nur mit barem Gelde, gab solches an Kinder, Bettler und beschenkte einige Gesellen, die meinen Schweif bildeten und meine Verblendung benutzten, so lange es ging. Denn es war eine wirkliche Verblendung. Ich bedachte im Mindesten nicht, daß die Sache doch ein Ende nehmen müsse, nie mehr öffnete ich das Kästchen ganz und übersah das Geld, sondern schob nur die Hand unter den Deckel, um ein Stück herauszunehmen und überdachte auch nie, wie viel ich schon verschleudert haben müsse. Ich empfand auch keine Angst vor der Entdeckung, in der Schule und bei meinen Arbeiten hielt ich mich nicht schlimmer, als früher, eher besser, weil keine unbefriedigten Wünsche mich zu träumeri¬ schem Müssiggange verleiteten und die vollkom¬ mene Freiheit des Handelns, welche ich beim Geldausgeben empfand, sich auch im Arbeiten
Verſchwendung an ſich. Es reizte mich, jeden Augenblick die kleinen Herrlichkeiten, wonach jenes Alter geluͤſtet, kaufen zu koͤnnen: immer hatte ich die Hand in der Taſche, um mit Muͤnzen hervorzufahren; Gegenſtaͤnde, welche Knaben ſonſt vertauſchen, kaufte ich nur mit barem Gelde, gab ſolches an Kinder, Bettler und beſchenkte einige Geſellen, die meinen Schweif bildeten und meine Verblendung benutzten, ſo lange es ging. Denn es war eine wirkliche Verblendung. Ich bedachte im Mindeſten nicht, daß die Sache doch ein Ende nehmen muͤſſe, nie mehr oͤffnete ich das Kaͤſtchen ganz und uͤberſah das Geld, ſondern ſchob nur die Hand unter den Deckel, um ein Stuͤck herauszunehmen und uͤberdachte auch nie, wie viel ich ſchon verſchleudert haben muͤſſe. Ich empfand auch keine Angſt vor der Entdeckung, in der Schule und bei meinen Arbeiten hielt ich mich nicht ſchlimmer, als fruͤher, eher beſſer, weil keine unbefriedigten Wuͤnſche mich zu traͤumeri¬ ſchem Muͤſſiggange verleiteten und die vollkom¬ mene Freiheit des Handelns, welche ich beim Geldausgeben empfand, ſich auch im Arbeiten
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Verſchwendung an ſich. Es reizte mich, jeden
Augenblick die kleinen Herrlichkeiten, wonach
jenes Alter geluͤſtet, kaufen zu koͤnnen: immer
hatte ich die Hand in der Taſche, um mit Muͤnzen
hervorzufahren; Gegenſtaͤnde, welche Knaben ſonſt
vertauſchen, kaufte ich nur mit barem Gelde,
gab ſolches an Kinder, Bettler und beſchenkte
einige Geſellen, die meinen Schweif bildeten und
meine Verblendung benutzten, ſo lange es ging.
Denn es war eine wirkliche Verblendung. Ich
bedachte im Mindeſten nicht, daß die Sache doch
ein Ende nehmen muͤſſe, nie mehr oͤffnete ich das
Kaͤſtchen ganz und uͤberſah das Geld, ſondern
ſchob nur die Hand unter den Deckel, um ein
Stuͤck herauszunehmen und uͤberdachte auch nie,
wie viel ich ſchon verſchleudert haben muͤſſe. Ich
empfand auch keine Angſt vor der Entdeckung,
in der Schule und bei meinen Arbeiten hielt ich
mich nicht ſchlimmer, als fruͤher, eher beſſer, weil
keine unbefriedigten Wuͤnſche mich zu traͤumeri¬
ſchem Muͤſſiggange verleiteten und die vollkom¬
mene Freiheit des Handelns, welche ich beim
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/336>, abgerufen am 22.11.2024.
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