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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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flußreiche Anhänglichkeit an die Natur und ihre
Kenntniß geweckt worden wäre, als der von uns
trotz seiner Einsilbigkeit hochgehaltene Lehrer er¬
krankte und den Unterricht aufgeben mußte. Statt
daß nun ein anderer Botanikbeflissener gesandt
worden wäre, welcher auf Grund unserer sämmt¬
lich musterhaften Hefte fortzufahren versucht hätte,
wurde das Ganze unverhofft abgebrochen, und
ein geistlicher Herr, welcher als Dilettant etwas
Naturwissenschaft trieb, überfiel uns mit einem
Heere wilder Bestien, indem er uns etwas apho¬
ristische Zoologie vortrug. Während wir so mit
jener liebgewonnenen Botanik ein organisches
Ganzes verloren, erhielten wir dafür nur einige
Thiergestalten; denn die Zoologie, welche man
vierzehnjährigen Knaben lehrt, nährt nicht ihren
Geist, weil sie ohne vergleichend anatomische
Kenntnisse, mit einem Worte ohne wissenschaft¬
liche Anknüpfungen bloßes Futter für die Neu¬
gierde ist.

Solches blindes Einwirken des Zufalles in
unser Fortschreiten kam mehr als ein Mal vor,
und es verletzt das ohnehin zarte Gewebe des

flußreiche Anhaͤnglichkeit an die Natur und ihre
Kenntniß geweckt worden waͤre, als der von uns
trotz ſeiner Einſilbigkeit hochgehaltene Lehrer er¬
krankte und den Unterricht aufgeben mußte. Statt
daß nun ein anderer Botanikbefliſſener geſandt
worden waͤre, welcher auf Grund unſerer ſaͤmmt¬
lich muſterhaften Hefte fortzufahren verſucht haͤtte,
wurde das Ganze unverhofft abgebrochen, und
ein geiſtlicher Herr, welcher als Dilettant etwas
Naturwiſſenſchaft trieb, uͤberfiel uns mit einem
Heere wilder Beſtien, indem er uns etwas apho¬
riſtiſche Zoologie vortrug. Waͤhrend wir ſo mit
jener liebgewonnenen Botanik ein organiſches
Ganzes verloren, erhielten wir dafuͤr nur einige
Thiergeſtalten; denn die Zoologie, welche man
vierzehnjaͤhrigen Knaben lehrt, naͤhrt nicht ihren
Geiſt, weil ſie ohne vergleichend anatomiſche
Kenntniſſe, mit einem Worte ohne wiſſenſchaft¬
liche Anknuͤpfungen bloßes Futter fuͤr die Neu¬
gierde iſt.

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unſer Fortſchreiten kam mehr als ein Mal vor,
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[365/0379] flußreiche Anhaͤnglichkeit an die Natur und ihre Kenntniß geweckt worden waͤre, als der von uns trotz ſeiner Einſilbigkeit hochgehaltene Lehrer er¬ krankte und den Unterricht aufgeben mußte. Statt daß nun ein anderer Botanikbefliſſener geſandt worden waͤre, welcher auf Grund unſerer ſaͤmmt¬ lich muſterhaften Hefte fortzufahren verſucht haͤtte, wurde das Ganze unverhofft abgebrochen, und ein geiſtlicher Herr, welcher als Dilettant etwas Naturwiſſenſchaft trieb, uͤberfiel uns mit einem Heere wilder Beſtien, indem er uns etwas apho¬ riſtiſche Zoologie vortrug. Waͤhrend wir ſo mit jener liebgewonnenen Botanik ein organiſches Ganzes verloren, erhielten wir dafuͤr nur einige Thiergeſtalten; denn die Zoologie, welche man vierzehnjaͤhrigen Knaben lehrt, naͤhrt nicht ihren Geiſt, weil ſie ohne vergleichend anatomiſche Kenntniſſe, mit einem Worte ohne wiſſenſchaft¬ liche Anknuͤpfungen bloßes Futter fuͤr die Neu¬ gierde iſt. Solches blindes Einwirken des Zufalles in unſer Fortſchreiten kam mehr als ein Mal vor, und es verletzt das ohnehin zarte Gewebe des

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/379>, abgerufen am 22.11.2024.