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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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zwischen dichtem Aprikosen- und Weinlaube hervor
und unter Einem derselben stand mein dicker
Oheim in grüner Jacke, ein silbernes Waldhörn¬
chen, in welchem eine Cigarre rauchte, im Munde
und eine Doppelflinte in der Hand. Ein Flug
Tauben flatterte ängstlich über dem Hause und
drängte sich um den Schlag, mein Oheim sah
mich und rief sogleich: "Ha ha, sakerment, Herr
Neveu! das ist gut, daß Du da bist, schnell
heraufspaziert!" Dann sah er plötzlich in die Höhe,
schoß in die Luft und ein schöner Raubvogel,
welcher über den Tauben gekreis''t hatte, fiel todt
zu meinen Füßen. Ich hob ihn auf und trug ihn,
durch diesen tüchtigen Empfang angenehm be¬
grüßt, meinem Oheim entgegen.

In der Stube fand ich ihn allein neben einer
langen Tafel, die für viele Personen gedeckt war.
"Eben kommst Du recht!" rief er, "wir halten
heute das Erntefest, gleich wird das Volk da
sein!" Dann schrie er nach seiner Frau, sie er¬
schien mit zwei mächtigen Weingefäßen, stellte sie
ab und rief: "Ei ei, was ist das für ein Bleich¬
schnabel, für ein Milchgesicht? Warte, Du sollst

zwiſchen dichtem Aprikoſen- und Weinlaube hervor
und unter Einem derſelben ſtand mein dicker
Oheim in gruͤner Jacke, ein ſilbernes Waldhoͤrn¬
chen, in welchem eine Cigarre rauchte, im Munde
und eine Doppelflinte in der Hand. Ein Flug
Tauben flatterte aͤngſtlich uͤber dem Hauſe und
draͤngte ſich um den Schlag, mein Oheim ſah
mich und rief ſogleich: „Ha ha, ſakerment, Herr
Neveu! das iſt gut, daß Du da biſt, ſchnell
heraufſpaziert!“ Dann ſah er ploͤtzlich in die Hoͤhe,
ſchoß in die Luft und ein ſchoͤner Raubvogel,
welcher uͤber den Tauben gekreiſ''t hatte, fiel todt
zu meinen Fuͤßen. Ich hob ihn auf und trug ihn,
durch dieſen tuͤchtigen Empfang angenehm be¬
gruͤßt, meinem Oheim entgegen.

In der Stube fand ich ihn allein neben einer
langen Tafel, die fuͤr viele Perſonen gedeckt war.
„Eben kommſt Du recht!“ rief er, „wir halten
heute das Erntefeſt, gleich wird das Volk da
ſein!“ Dann ſchrie er nach ſeiner Frau, ſie er¬
ſchien mit zwei maͤchtigen Weingefaͤßen, ſtellte ſie
ab und rief: „Ei ei, was iſt das fuͤr ein Bleich¬
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[395/0409] zwiſchen dichtem Aprikoſen- und Weinlaube hervor und unter Einem derſelben ſtand mein dicker Oheim in gruͤner Jacke, ein ſilbernes Waldhoͤrn¬ chen, in welchem eine Cigarre rauchte, im Munde und eine Doppelflinte in der Hand. Ein Flug Tauben flatterte aͤngſtlich uͤber dem Hauſe und draͤngte ſich um den Schlag, mein Oheim ſah mich und rief ſogleich: „Ha ha, ſakerment, Herr Neveu! das iſt gut, daß Du da biſt, ſchnell heraufſpaziert!“ Dann ſah er ploͤtzlich in die Hoͤhe, ſchoß in die Luft und ein ſchoͤner Raubvogel, welcher uͤber den Tauben gekreiſ''t hatte, fiel todt zu meinen Fuͤßen. Ich hob ihn auf und trug ihn, durch dieſen tuͤchtigen Empfang angenehm be¬ gruͤßt, meinem Oheim entgegen. In der Stube fand ich ihn allein neben einer langen Tafel, die fuͤr viele Perſonen gedeckt war. „Eben kommſt Du recht!“ rief er, „wir halten heute das Erntefeſt, gleich wird das Volk da ſein!“ Dann ſchrie er nach ſeiner Frau, ſie er¬ ſchien mit zwei maͤchtigen Weingefaͤßen, ſtellte ſie ab und rief: „Ei ei, was iſt das fuͤr ein Bleich¬ ſchnabel, fuͤr ein Milchgeſicht? Warte, Du ſollſt

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/409>, abgerufen am 21.11.2024.