plare der Georginen aus dem fernen Reiche der Montezumas herübergekommen und schon bedecken ihre Enkel zahllos unsere Gärten, aus der Tiefe ihrer Lebenskraft entwickeln sie eine endlose Farben¬ pracht, wie sie die Hochebenen Mexikos nie ge¬ sehen haben. Kinder des neuweltlichen Westens, herrschen sie nun neben den Kindern des alten Ostens, den Rosen, wie sonst keine Blume. Frei¬ lich noch immer geben diese allein den süßen Duft und jenes kühlende Rosenwasser, welches krank geweinte Augen erfrischt, und noch immer eignen sie sich am Besten dazu, einen vollen Becher zu schmücken. Aber darin wetteifern die bunten Schaaren Amerikas mit dem glühenden Rosen¬ volke des Morgenlandes, daß sie mit unverwüst¬ licher Lebenslust unser Herz bis an das Ende des Jahres begleiten und ihre sammtenen Brüste öffnen, bis der kalte Schnee in sie fällt.
Hell und aufgeweckt erschien das Dorf, durch welches die Reisenden fuhren, in vielen Erdge¬ schossen erblickte man die Abzeichen von Gewer¬ ben: Uhrmachern, Kürschnern, sogar Goldschmie¬ den und von Krämereien, welche man sonst nur
plare der Georginen aus dem fernen Reiche der Montezumas heruͤbergekommen und ſchon bedecken ihre Enkel zahllos unſere Gaͤrten, aus der Tiefe ihrer Lebenskraft entwickeln ſie eine endloſe Farben¬ pracht, wie ſie die Hochebenen Mexikos nie ge¬ ſehen haben. Kinder des neuweltlichen Weſtens, herrſchen ſie nun neben den Kindern des alten Oſtens, den Roſen, wie ſonſt keine Blume. Frei¬ lich noch immer geben dieſe allein den ſuͤßen Duft und jenes kuͤhlende Roſenwaſſer, welches krank geweinte Augen erfriſcht, und noch immer eignen ſie ſich am Beſten dazu, einen vollen Becher zu ſchmuͤcken. Aber darin wetteifern die bunten Schaaren Amerikas mit dem gluͤhenden Roſen¬ volke des Morgenlandes, daß ſie mit unverwuͤſt¬ licher Lebensluſt unſer Herz bis an das Ende des Jahres begleiten und ihre ſammtenen Bruͤſte oͤffnen, bis der kalte Schnee in ſie faͤllt.
Hell und aufgeweckt erſchien das Dorf, durch welches die Reiſenden fuhren, in vielen Erdge¬ ſchoſſen erblickte man die Abzeichen von Gewer¬ ben: Uhrmachern, Kuͤrſchnern, ſogar Goldſchmie¬ den und von Kraͤmereien, welche man ſonſt nur
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0051"n="37"/>
plare der Georginen aus dem fernen Reiche der<lb/>
Montezumas heruͤbergekommen und ſchon bedecken<lb/>
ihre Enkel zahllos unſere Gaͤrten, aus der Tiefe<lb/>
ihrer Lebenskraft entwickeln ſie eine endloſe Farben¬<lb/>
pracht, wie ſie die Hochebenen Mexikos nie ge¬<lb/>ſehen haben. Kinder des neuweltlichen Weſtens,<lb/>
herrſchen ſie nun neben den Kindern des alten<lb/>
Oſtens, den Roſen, wie ſonſt keine Blume. Frei¬<lb/>
lich noch immer geben dieſe allein den ſuͤßen Duft<lb/>
und jenes kuͤhlende Roſenwaſſer, welches krank<lb/>
geweinte Augen erfriſcht, und noch immer eignen<lb/>ſie ſich am Beſten dazu, einen vollen Becher zu<lb/>ſchmuͤcken. Aber darin wetteifern die bunten<lb/>
Schaaren Amerikas mit dem gluͤhenden Roſen¬<lb/>
volke des Morgenlandes, daß ſie mit unverwuͤſt¬<lb/>
licher Lebensluſt unſer Herz bis an das Ende<lb/>
des Jahres begleiten und ihre ſammtenen Bruͤſte<lb/>
oͤffnen, bis der kalte Schnee in ſie faͤllt.</p><lb/><p>Hell und aufgeweckt erſchien das Dorf, durch<lb/>
welches die Reiſenden fuhren, in vielen Erdge¬<lb/>ſchoſſen erblickte man die Abzeichen von Gewer¬<lb/>
ben: Uhrmachern, Kuͤrſchnern, ſogar Goldſchmie¬<lb/>
den und von Kraͤmereien, welche man ſonſt nur<lb/></p></div></body></text></TEI>
[37/0051]
plare der Georginen aus dem fernen Reiche der
Montezumas heruͤbergekommen und ſchon bedecken
ihre Enkel zahllos unſere Gaͤrten, aus der Tiefe
ihrer Lebenskraft entwickeln ſie eine endloſe Farben¬
pracht, wie ſie die Hochebenen Mexikos nie ge¬
ſehen haben. Kinder des neuweltlichen Weſtens,
herrſchen ſie nun neben den Kindern des alten
Oſtens, den Roſen, wie ſonſt keine Blume. Frei¬
lich noch immer geben dieſe allein den ſuͤßen Duft
und jenes kuͤhlende Roſenwaſſer, welches krank
geweinte Augen erfriſcht, und noch immer eignen
ſie ſich am Beſten dazu, einen vollen Becher zu
ſchmuͤcken. Aber darin wetteifern die bunten
Schaaren Amerikas mit dem gluͤhenden Roſen¬
volke des Morgenlandes, daß ſie mit unverwuͤſt¬
licher Lebensluſt unſer Herz bis an das Ende
des Jahres begleiten und ihre ſammtenen Bruͤſte
oͤffnen, bis der kalte Schnee in ſie faͤllt.
Hell und aufgeweckt erſchien das Dorf, durch
welches die Reiſenden fuhren, in vielen Erdge¬
ſchoſſen erblickte man die Abzeichen von Gewer¬
ben: Uhrmachern, Kuͤrſchnern, ſogar Goldſchmie¬
den und von Kraͤmereien, welche man ſonſt nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/51>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.