da ich ihm gute Dienste zu leisten im Stande wäre, zufolge seiner Erziehung. Es sei dies, er¬ klärte er, das zweite Stadium, wo ich, indessen ich mich vorläufig immer mehr ausbilde, mich an vorsichtige Arbeit gewöhnen und zugleich Er¬ sparnisse machen könne, um in einigen Jahren in die Welt zu gehen, wozu es doch noch zu früh sei. Er versicherte, daß es nicht die Schlech¬ testen unter den berühmten Künstlern wären, welche sich durch jahrelange anspruchlosere Arbeit endlich auf die Höhe der Kunst geschwungen, und eine mühevolle und bescheidene Betriebsamkeit die¬ ser Art lege manchmal einen tüchtigeren Grund zur Ausdauer und Unabhängigkeit, als eine vor¬ nehme und ausschließliche Künstlererziehung. Er habe, sagte er, talentvolle Söhne reicher Eltern gekannt, die es nur deswegen zu Nichts gebracht hätten, weil sie nie zu Selbsthülfe und raschem Erwerb gezwungen gewesen und in ewiger Selbst¬ verhätschelung, falschem Stolze und Sprödigkeit sich verloren hätten.
Diese Worte waren sehr verständig, obgleich sie auf einigem Eigennutze beruhen mochten; allein
da ich ihm gute Dienſte zu leiſten im Stande waͤre, zufolge ſeiner Erziehung. Es ſei dies, er¬ klaͤrte er, das zweite Stadium, wo ich, indeſſen ich mich vorlaͤufig immer mehr ausbilde, mich an vorſichtige Arbeit gewoͤhnen und zugleich Er¬ ſparniſſe machen koͤnne, um in einigen Jahren in die Welt zu gehen, wozu es doch noch zu fruͤh ſei. Er verſicherte, daß es nicht die Schlech¬ teſten unter den beruͤhmten Kuͤnſtlern waͤren, welche ſich durch jahrelange anſpruchloſere Arbeit endlich auf die Hoͤhe der Kunſt geſchwungen, und eine muͤhevolle und beſcheidene Betriebſamkeit die¬ ſer Art lege manchmal einen tuͤchtigeren Grund zur Ausdauer und Unabhaͤngigkeit, als eine vor¬ nehme und ausſchließliche Kuͤnſtlererziehung. Er habe, ſagte er, talentvolle Soͤhne reicher Eltern gekannt, die es nur deswegen zu Nichts gebracht haͤtten, weil ſie nie zu Selbſthuͤlfe und raſchem Erwerb gezwungen geweſen und in ewiger Selbſt¬ verhaͤtſchelung, falſchem Stolze und Sproͤdigkeit ſich verloren haͤtten.
Dieſe Worte waren ſehr verſtaͤndig, obgleich ſie auf einigem Eigennutze beruhen mochten; allein
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da ich ihm gute Dienſte zu leiſten im Stande
waͤre, zufolge ſeiner Erziehung. Es ſei dies, er¬
klaͤrte er, das zweite Stadium, wo ich, indeſſen
ich mich vorlaͤufig immer mehr ausbilde, mich
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ſparniſſe machen koͤnne, um in einigen Jahren
in die Welt zu gehen, wozu es doch noch zu
fruͤh ſei. Er verſicherte, daß es nicht die Schlech¬
teſten unter den beruͤhmten Kuͤnſtlern waͤren,
welche ſich durch jahrelange anſpruchloſere Arbeit
endlich auf die Hoͤhe der Kunſt geſchwungen, und
eine muͤhevolle und beſcheidene Betriebſamkeit die¬
ſer Art lege manchmal einen tuͤchtigeren Grund
zur Ausdauer und Unabhaͤngigkeit, als eine vor¬
nehme und ausſchließliche Kuͤnſtlererziehung. Er
habe, ſagte er, talentvolle Soͤhne reicher Eltern
gekannt, die es nur deswegen zu Nichts gebracht
haͤtten, weil ſie nie zu Selbſthuͤlfe und raſchem
Erwerb gezwungen geweſen und in ewiger Selbſt¬
verhaͤtſchelung, falſchem Stolze und Sproͤdigkeit
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Dieſe Worte waren ſehr verſtaͤndig, obgleich
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/208>, abgerufen am 23.11.2024.
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