Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

Sees auch meine Künste zeigen wollte, und die
Mädchen saßen dicht beisammen, die Bursche
aber hielten sich unruhig und suchten Scherz und
Händel. Endlich gelang es ihnen, das Gefecht
wieder zu eröffnen, zumal sich ihre Schwestern
aus der gemessenen Haltung heraus nach freier
Bewegung sehnten. Sie hatten sich nun genug
darin gefallen, mit Anna die Feinen und Ge¬
strengen zu machen, und wünschten vorzüglich die
Früchte des Spuckes, welchen sie sich mit meinem
Bette erlaubt hatten, mit Glanz einzuärnten.
Deshalb wurde ich bald der Gegenstand des Ge¬
spräches; Margot, die Aelteste, berichtete Anna,
daß ich mich als einen strengen Feind der Mäd¬
chen dargestellt hätte und daß nicht zu hoffen
wäre, daß ich jemals mich eines schmachtenden
Herzens erbarmen würde: sie warne daher Anna
zum Voraus, sich nicht etwa früher oder später
in mich zu verlieben, da ich sonst ein artiger
junger Mensch sei. Darauf bemerkte Lisette, es
wäre dem Schein nicht zu trauen; sie glaube
vielmehr, daß ich innerhalb lichterloh brenne vor
Verliebtheit, in wen, wisse sie freilich nicht; allein

Sees auch meine Kuͤnſte zeigen wollte, und die
Maͤdchen ſaßen dicht beiſammen, die Burſche
aber hielten ſich unruhig und ſuchten Scherz und
Haͤndel. Endlich gelang es ihnen, das Gefecht
wieder zu eroͤffnen, zumal ſich ihre Schweſtern
aus der gemeſſenen Haltung heraus nach freier
Bewegung ſehnten. Sie hatten ſich nun genug
darin gefallen, mit Anna die Feinen und Ge¬
ſtrengen zu machen, und wuͤnſchten vorzuͤglich die
Fruͤchte des Spuckes, welchen ſie ſich mit meinem
Bette erlaubt hatten, mit Glanz einzuaͤrnten.
Deshalb wurde ich bald der Gegenſtand des Ge¬
ſpraͤches; Margot, die Aelteſte, berichtete Anna,
daß ich mich als einen ſtrengen Feind der Maͤd¬
chen dargeſtellt haͤtte und daß nicht zu hoffen
waͤre, daß ich jemals mich eines ſchmachtenden
Herzens erbarmen wuͤrde: ſie warne daher Anna
zum Voraus, ſich nicht etwa fruͤher oder ſpaͤter
in mich zu verlieben, da ich ſonſt ein artiger
junger Menſch ſei. Darauf bemerkte Liſette, es
waͤre dem Schein nicht zu trauen; ſie glaube
vielmehr, daß ich innerhalb lichterloh brenne vor
Verliebtheit, in wen, wiſſe ſie freilich nicht; allein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="248"/>
Sees auch meine Ku&#x0364;n&#x017F;te zeigen wollte, und die<lb/>
Ma&#x0364;dchen &#x017F;aßen dicht bei&#x017F;ammen, die Bur&#x017F;che<lb/>
aber hielten &#x017F;ich unruhig und &#x017F;uchten Scherz und<lb/>
Ha&#x0364;ndel. Endlich gelang es ihnen, das Gefecht<lb/>
wieder zu ero&#x0364;ffnen, zumal &#x017F;ich ihre Schwe&#x017F;tern<lb/>
aus der geme&#x017F;&#x017F;enen Haltung heraus nach freier<lb/>
Bewegung &#x017F;ehnten. Sie hatten &#x017F;ich nun genug<lb/>
darin gefallen, mit Anna die Feinen und Ge¬<lb/>
&#x017F;trengen zu machen, und wu&#x0364;n&#x017F;chten vorzu&#x0364;glich die<lb/>
Fru&#x0364;chte des Spuckes, welchen &#x017F;ie &#x017F;ich mit meinem<lb/>
Bette erlaubt hatten, mit Glanz einzua&#x0364;rnten.<lb/>
Deshalb wurde ich bald der Gegen&#x017F;tand des Ge¬<lb/>
&#x017F;pra&#x0364;ches; Margot, die Aelte&#x017F;te, berichtete Anna,<lb/>
daß ich mich als einen &#x017F;trengen Feind der Ma&#x0364;<lb/>
chen darge&#x017F;tellt ha&#x0364;tte und daß nicht zu hoffen<lb/>
wa&#x0364;re, daß ich jemals mich eines &#x017F;chmachtenden<lb/>
Herzens erbarmen wu&#x0364;rde: &#x017F;ie warne daher Anna<lb/>
zum Voraus, &#x017F;ich nicht etwa fru&#x0364;her oder &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
in mich zu verlieben, da ich &#x017F;on&#x017F;t ein artiger<lb/>
junger Men&#x017F;ch &#x017F;ei. Darauf bemerkte Li&#x017F;ette, es<lb/>
wa&#x0364;re dem Schein nicht zu trauen; &#x017F;ie glaube<lb/>
vielmehr, daß ich innerhalb lichterloh brenne vor<lb/>
Verliebtheit, in wen, wi&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie freilich nicht; allein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0258] Sees auch meine Kuͤnſte zeigen wollte, und die Maͤdchen ſaßen dicht beiſammen, die Burſche aber hielten ſich unruhig und ſuchten Scherz und Haͤndel. Endlich gelang es ihnen, das Gefecht wieder zu eroͤffnen, zumal ſich ihre Schweſtern aus der gemeſſenen Haltung heraus nach freier Bewegung ſehnten. Sie hatten ſich nun genug darin gefallen, mit Anna die Feinen und Ge¬ ſtrengen zu machen, und wuͤnſchten vorzuͤglich die Fruͤchte des Spuckes, welchen ſie ſich mit meinem Bette erlaubt hatten, mit Glanz einzuaͤrnten. Deshalb wurde ich bald der Gegenſtand des Ge¬ ſpraͤches; Margot, die Aelteſte, berichtete Anna, daß ich mich als einen ſtrengen Feind der Maͤd¬ chen dargeſtellt haͤtte und daß nicht zu hoffen waͤre, daß ich jemals mich eines ſchmachtenden Herzens erbarmen wuͤrde: ſie warne daher Anna zum Voraus, ſich nicht etwa fruͤher oder ſpaͤter in mich zu verlieben, da ich ſonſt ein artiger junger Menſch ſei. Darauf bemerkte Liſette, es waͤre dem Schein nicht zu trauen; ſie glaube vielmehr, daß ich innerhalb lichterloh brenne vor Verliebtheit, in wen, wiſſe ſie freilich nicht; allein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/258
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/258>, abgerufen am 23.11.2024.