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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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alt er sei, müssen wir zuerst fragen, und wie er
heiße! Bitte, macht euch nicht gar zu unnütz, sagte
ich, und rückt heraus mit eurem Anliegen! Doch
Margot sagte: Kurz und gut, du sollst einmal
sagen, was du gegen die Anna hast, daß du
dich so gegen sie benimmst? Wie so? antwortete
ich verlegen, und Anna wurde ganz roth und
sah auf ihre Leinwand; Margot fuhr fort:
Wie so? das möchte ich auch noch fragen! Mit
Einem Wort, was hast du für einen Grund, seit
deiner Ankunft bei uns kein Sterbenswörtchen
zu Anna zu sagen und zu thun, als ob sie gar
nicht in der Welt wäre? Dies ist nicht nur eine
Beleidigung für sie, sondern für uns Alle,
und schon des öffentlichen Anstandes we¬
gen muß es gehoben werden auf irgend eine
Weise; wenn Anna dich beleidigt hat, ohne es
zu wissen, so erkläre es, damit sie dir demüthige
Abbitte thun kann. Uebrigens brauchst du hier¬
auf nicht stolz zu sein oder zu glauben, es sei
auf deine kostbare Gunst abgesehen! Einzig und
allein muß durch gegenwärtige Verhandlung die
Schicklichkeit und das gute Recht gewahrt wer¬

alt er ſei, muͤſſen wir zuerſt fragen, und wie er
heiße! Bitte, macht euch nicht gar zu unnuͤtz, ſagte
ich, und ruͤckt heraus mit eurem Anliegen! Doch
Margot ſagte: Kurz und gut, du ſollſt einmal
ſagen, was du gegen die Anna haſt, daß du
dich ſo gegen ſie benimmſt? Wie ſo? antwortete
ich verlegen, und Anna wurde ganz roth und
ſah auf ihre Leinwand; Margot fuhr fort:
Wie ſo? das moͤchte ich auch noch fragen! Mit
Einem Wort, was haſt du fuͤr einen Grund, ſeit
deiner Ankunft bei uns kein Sterbenswoͤrtchen
zu Anna zu ſagen und zu thun, als ob ſie gar
nicht in der Welt waͤre? Dies iſt nicht nur eine
Beleidigung fuͤr ſie, ſondern fuͤr uns Alle,
und ſchon des oͤffentlichen Anſtandes we¬
gen muß es gehoben werden auf irgend eine
Weiſe; wenn Anna dich beleidigt hat, ohne es
zu wiſſen, ſo erklaͤre es, damit ſie dir demuͤthige
Abbitte thun kann. Uebrigens brauchſt du hier¬
auf nicht ſtolz zu ſein oder zu glauben, es ſei
auf deine koſtbare Gunſt abgeſehen! Einzig und
allein muß durch gegenwaͤrtige Verhandlung die
Schicklichkeit und das gute Recht gewahrt wer¬

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[271/0281] alt er ſei, muͤſſen wir zuerſt fragen, und wie er heiße! Bitte, macht euch nicht gar zu unnuͤtz, ſagte ich, und ruͤckt heraus mit eurem Anliegen! Doch Margot ſagte: Kurz und gut, du ſollſt einmal ſagen, was du gegen die Anna haſt, daß du dich ſo gegen ſie benimmſt? Wie ſo? antwortete ich verlegen, und Anna wurde ganz roth und ſah auf ihre Leinwand; Margot fuhr fort: Wie ſo? das moͤchte ich auch noch fragen! Mit Einem Wort, was haſt du fuͤr einen Grund, ſeit deiner Ankunft bei uns kein Sterbenswoͤrtchen zu Anna zu ſagen und zu thun, als ob ſie gar nicht in der Welt waͤre? Dies iſt nicht nur eine Beleidigung fuͤr ſie, ſondern fuͤr uns Alle, und ſchon des oͤffentlichen Anſtandes we¬ gen muß es gehoben werden auf irgend eine Weiſe; wenn Anna dich beleidigt hat, ohne es zu wiſſen, ſo erklaͤre es, damit ſie dir demuͤthige Abbitte thun kann. Uebrigens brauchſt du hier¬ auf nicht ſtolz zu ſein oder zu glauben, es ſei auf deine koſtbare Gunſt abgeſehen! Einzig und allein muß durch gegenwaͤrtige Verhandlung die Schicklichkeit und das gute Recht gewahrt wer¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/281>, abgerufen am 23.11.2024.