leben. Nun stand ich aber wieder da, ohne Anna weiter anzusehen, welche emsig nähte. Lisette ergriff nun das Wort und sagte: Um einen Anfang zu machen, gieb nun der Anna die Hand und versprich ihr mit deutlichen Wor¬ ten, jedesmal, wo du mit ihr zusammentriffst, sie mit ihrem Namen zu grüßen und sie zu fra¬ gen, wie es ihr geht; hierbei soll festgesetzt sein, daß jedesmal, wo du sie zuerst an dem Tage siehst, die Hand gereicht werde, wie es unter Christen gebräuchlich ist! Ich näherte mich Anna, hielt meine Hand hin und sprach eine verworrene kleine Rede; ohne aufzusehen, gab sie mir die Hand, wobei sie die Nase ein bischen rümpfte und ein wenig lä¬ chelte. Als ich hierauf mich aus der Laube entfernen wollte, begann Margot wieder: Geduld, Herr Vet¬ ter! Es kommt nun der zweite Punkt, welcher zu erledigen ist. Sie schlug die Tücher, welche den Tisch bedeckten, auseinander und enthüllte mein Bild Anna's. Wir wollen, fuhr sie fort, nicht lange erörtern, wie wir zu diesem geheimnißvol¬ len Werke gelangt, genug, es ist entdeckt und wir wünschen nun zu wissen, mit welchem Recht
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leben. Nun ſtand ich aber wieder da, ohne Anna weiter anzuſehen, welche emſig naͤhte. Liſette ergriff nun das Wort und ſagte: Um einen Anfang zu machen, gieb nun der Anna die Hand und verſprich ihr mit deutlichen Wor¬ ten, jedesmal, wo du mit ihr zuſammentriffſt, ſie mit ihrem Namen zu gruͤßen und ſie zu fra¬ gen, wie es ihr geht; hierbei ſoll feſtgeſetzt ſein, daß jedesmal, wo du ſie zuerſt an dem Tage ſiehſt, die Hand gereicht werde, wie es unter Chriſten gebraͤuchlich iſt! Ich naͤherte mich Anna, hielt meine Hand hin und ſprach eine verworrene kleine Rede; ohne aufzuſehen, gab ſie mir die Hand, wobei ſie die Naſe ein bischen ruͤmpfte und ein wenig laͤ¬ chelte. Als ich hierauf mich aus der Laube entfernen wollte, begann Margot wieder: Geduld, Herr Vet¬ ter! Es kommt nun der zweite Punkt, welcher zu erledigen iſt. Sie ſchlug die Tuͤcher, welche den Tiſch bedeckten, auseinander und enthuͤllte mein Bild Anna's. Wir wollen, fuhr ſie fort, nicht lange eroͤrtern, wie wir zu dieſem geheimnißvol¬ len Werke gelangt, genug, es iſt entdeckt und wir wuͤnſchen nun zu wiſſen, mit welchem Recht
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leben. Nun ſtand ich aber wieder da, ohne
Anna weiter anzuſehen, welche emſig naͤhte.
Liſette ergriff nun das Wort und ſagte: Um
einen Anfang zu machen, gieb nun der Anna
die Hand und verſprich ihr mit deutlichen Wor¬
ten, jedesmal, wo du mit ihr zuſammentriffſt,
ſie mit ihrem Namen zu gruͤßen und ſie zu fra¬
gen, wie es ihr geht; hierbei ſoll feſtgeſetzt ſein,
daß jedesmal, wo du ſie zuerſt an dem Tage
ſiehſt, die Hand gereicht werde, wie es unter Chriſten
gebraͤuchlich iſt! Ich naͤherte mich Anna, hielt meine
Hand hin und ſprach eine verworrene kleine Rede;
ohne aufzuſehen, gab ſie mir die Hand, wobei ſie
die Naſe ein bischen ruͤmpfte und ein wenig laͤ¬
chelte. Als ich hierauf mich aus der Laube entfernen
wollte, begann Margot wieder: Geduld, Herr Vet¬
ter! Es kommt nun der zweite Punkt, welcher zu
erledigen iſt. Sie ſchlug die Tuͤcher, welche den
Tiſch bedeckten, auseinander und enthuͤllte mein
Bild Anna's. Wir wollen, fuhr ſie fort, nicht
lange eroͤrtern, wie wir zu dieſem geheimnißvol¬
len Werke gelangt, genug, es iſt entdeckt und
wir wuͤnſchen nun zu wiſſen, mit welchem Recht
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/283>, abgerufen am 23.11.2024.
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