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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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wenn sie nicht zu Hause waren, die andere Hälfte
war nun noch vorräthig, und obgleich hier zu
Lande keine Visitenkarten abgegeben wurden, wenn
die Leute nicht zu Hause waren, so trugen sie
doch stets einige bei sich, wie die Habichte auf
einen günstigen Zufall lauernd, wo sie eine der¬
selben anbringen konnten. Jetzt hatten sie mit
kühner Hand sich die Gelegenheit vom Zaun ge¬
brochen und ohne Weiteres die glänzenden Din¬
ger hervorgeholt. Anna hielt sie anscheinend be¬
wunderungsvoll in der Hand; auf einem stand
Dr. med., auf dem andern Cand. jur., auf dem
des Vicars V. D. M. Als Anna fragte, was
Letzteres bedeute, lag es mir auf der Zunge, zu
sagen: VerDammter Mucker! Denn der arme
junge Priester war zwar ein sogenannter freisin¬
niger Theologe, hatte aber von der Universität
eine bedenkliche ästhetische Muckerei heimgebracht.
Er erklärte aber, es hieße Verbi divini Mi¬
nister
. Nur der rationelle Landwirth besaß keine
Karte; dafür zog er noch einmal seine Blase her¬
aus, setzte sie klirrend auf den Tisch, grub einen
Franken aus derselben hervor und warf densel¬

wenn ſie nicht zu Hauſe waren, die andere Haͤlfte
war nun noch vorraͤthig, und obgleich hier zu
Lande keine Viſitenkarten abgegeben wurden, wenn
die Leute nicht zu Hauſe waren, ſo trugen ſie
doch ſtets einige bei ſich, wie die Habichte auf
einen guͤnſtigen Zufall lauernd, wo ſie eine der¬
ſelben anbringen konnten. Jetzt hatten ſie mit
kuͤhner Hand ſich die Gelegenheit vom Zaun ge¬
brochen und ohne Weiteres die glaͤnzenden Din¬
ger hervorgeholt. Anna hielt ſie anſcheinend be¬
wunderungsvoll in der Hand; auf einem ſtand
Dr. med., auf dem andern Cand. jur., auf dem
des Vicars V. D. M. Als Anna fragte, was
Letzteres bedeute, lag es mir auf der Zunge, zu
ſagen: VerDammter Mucker! Denn der arme
junge Prieſter war zwar ein ſogenannter freiſin¬
niger Theologe, hatte aber von der Univerſitaͤt
eine bedenkliche aͤſthetiſche Muckerei heimgebracht.
Er erklaͤrte aber, es hieße Verbi divini Mi¬
nister
. Nur der rationelle Landwirth beſaß keine
Karte; dafuͤr zog er noch einmal ſeine Blaſe her¬
aus, ſetzte ſie klirrend auf den Tiſch, grub einen
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[376/0386] wenn ſie nicht zu Hauſe waren, die andere Haͤlfte war nun noch vorraͤthig, und obgleich hier zu Lande keine Viſitenkarten abgegeben wurden, wenn die Leute nicht zu Hauſe waren, ſo trugen ſie doch ſtets einige bei ſich, wie die Habichte auf einen guͤnſtigen Zufall lauernd, wo ſie eine der¬ ſelben anbringen konnten. Jetzt hatten ſie mit kuͤhner Hand ſich die Gelegenheit vom Zaun ge¬ brochen und ohne Weiteres die glaͤnzenden Din¬ ger hervorgeholt. Anna hielt ſie anſcheinend be¬ wunderungsvoll in der Hand; auf einem ſtand Dr. med., auf dem andern Cand. jur., auf dem des Vicars V. D. M. Als Anna fragte, was Letzteres bedeute, lag es mir auf der Zunge, zu ſagen: VerDammter Mucker! Denn der arme junge Prieſter war zwar ein ſogenannter freiſin¬ niger Theologe, hatte aber von der Univerſitaͤt eine bedenkliche aͤſthetiſche Muckerei heimgebracht. Er erklaͤrte aber, es hieße Verbi divini Mi¬ nister. Nur der rationelle Landwirth beſaß keine Karte; dafuͤr zog er noch einmal ſeine Blaſe her¬ aus, ſetzte ſie klirrend auf den Tiſch, grub einen Franken aus derſelben hervor und warf denſel¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/386>, abgerufen am 23.11.2024.