dieses Erlebnisses entsprechend fortzuleben und gewärtig, daß jede Abweichung von der Bahn des Rechten und Guten sich an Euch empfind¬ licher rächen werde, als an Anderen, auf daß Ihr dadurch in der Uebung des Guten gerade fleißiger und stärker werdet, als Viele, denen nicht Solches geschieht. Nur auf diese Weise vermag das Ereigniß etwas Heilbringendes und der Trost über sich selbst zu sein, ohne dies aber würde es nur eine fatale und ärgerliche Geschichte bleiben, mit welcher ein so junges Leben zu be¬ laden nicht die Absicht und das Vergnügen Got¬ tes sein kann. Freilich ist nun die Wahl eines Berufes das Nächste und Wichtigste, und wer weiß, ob nicht Euere Bestimmung ist, gerade durch diese plötzliche Bedrängniß Euch früher zu entscheiden, als sonst geschehen wäre! Gewiß habt Ihr schon die Lust zu irgend einem beson¬ deren Berufe in Euch verspürt?"
Diese Reden gefielen mir ausnehmend wohl; obgleich ich den ernsten moralischen Sinn der¬ selben nicht sonderlich faßte, so ergriff ich doch den Gedanken an eine höhere Bestimmung und
dieſes Erlebniſſes entſprechend fortzuleben und gewaͤrtig, daß jede Abweichung von der Bahn des Rechten und Guten ſich an Euch empfind¬ licher raͤchen werde, als an Anderen, auf daß Ihr dadurch in der Uebung des Guten gerade fleißiger und ſtaͤrker werdet, als Viele, denen nicht Solches geſchieht. Nur auf dieſe Weiſe vermag das Ereigniß etwas Heilbringendes und der Troſt uͤber ſich ſelbſt zu ſein, ohne dies aber wuͤrde es nur eine fatale und aͤrgerliche Geſchichte bleiben, mit welcher ein ſo junges Leben zu be¬ laden nicht die Abſicht und das Vergnuͤgen Got¬ tes ſein kann. Freilich iſt nun die Wahl eines Berufes das Naͤchſte und Wichtigſte, und wer weiß, ob nicht Euere Beſtimmung iſt, gerade durch dieſe ploͤtzliche Bedraͤngniß Euch fruͤher zu entſcheiden, als ſonſt geſchehen waͤre! Gewiß habt Ihr ſchon die Luſt zu irgend einem beſon¬ deren Berufe in Euch verſpuͤrt?«
Dieſe Reden gefielen mir ausnehmend wohl; obgleich ich den ernſten moraliſchen Sinn der¬ ſelben nicht ſonderlich faßte, ſo ergriff ich doch den Gedanken an eine hoͤhere Beſtimmung und
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dieſes Erlebniſſes entſprechend fortzuleben und
gewaͤrtig, daß jede Abweichung von der Bahn
des Rechten und Guten ſich an Euch empfind¬
licher raͤchen werde, als an Anderen, auf daß
Ihr dadurch in der Uebung des Guten gerade
fleißiger und ſtaͤrker werdet, als Viele, denen
nicht Solches geſchieht. Nur auf dieſe Weiſe
vermag das Ereigniß etwas Heilbringendes und
der Troſt uͤber ſich ſelbſt zu ſein, ohne dies aber
wuͤrde es nur eine fatale und aͤrgerliche Geſchichte
bleiben, mit welcher ein ſo junges Leben zu be¬
laden nicht die Abſicht und das Vergnuͤgen Got¬
tes ſein kann. Freilich iſt nun die Wahl eines
Berufes das Naͤchſte und Wichtigſte, und wer
weiß, ob nicht Euere Beſtimmung iſt, gerade
durch dieſe ploͤtzliche Bedraͤngniß Euch fruͤher zu
entſcheiden, als ſonſt geſchehen waͤre! Gewiß
habt Ihr ſchon die Luſt zu irgend einem beſon¬
deren Berufe in Euch verſpuͤrt?«
Dieſe Reden gefielen mir ausnehmend wohl;
obgleich ich den ernſten moraliſchen Sinn der¬
ſelben nicht ſonderlich faßte, ſo ergriff ich doch
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/76>, abgerufen am 04.12.2024.
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