zwischen machte sich eine gegenseitige Neckerei mit Herzensangelegenheiten unter den Geschwi¬ stern geltend, das ganze süße Geplauder jenes hoffnungsreichen Alters befreite sich aus den offenen Gemüthern und umspann Alle mit gern gehörten Anspielungen, verstelltem Widerstande und schelmischer Rückantwort. Nur Anna schien vor den Angriffen sicher zu sein, während sie hie und da einen schüchternen Scherz hinwarf, und ich sagte gar nichts dazu, weil mein Herz voll war von den Begebnissen des Tages. Wir stan¬ den nun auf der Höhe, welche von der Gluth der untergehenden Sonne übergossen war, vor mir schwebte die federleichte, verklärte Gestalt des jungen Mädchen und neben ihr glaubte ich den lieben Gott lächeln zu sehen, den Freund und Schutzpatron der Landschaftsmaler, als welchen ich ihn heute in dem Gespräche mit dem Schul¬ meister entdeckt hatte; das scheidende Mädchen erröthete noch stärker in die Abendröthe hinein, als sie zuletzt auch mir die Hand bot. Wir be¬ rührten uns kaum mit den Fingerspitzen und nannten uns höflich Sie; aber die Vettern lach¬
zwiſchen machte ſich eine gegenſeitige Neckerei mit Herzensangelegenheiten unter den Geſchwi¬ ſtern geltend, das ganze ſuͤße Geplauder jenes hoffnungsreichen Alters befreite ſich aus den offenen Gemuͤthern und umſpann Alle mit gern gehoͤrten Anſpielungen, verſtelltem Widerſtande und ſchelmiſcher Ruͤckantwort. Nur Anna ſchien vor den Angriffen ſicher zu ſein, waͤhrend ſie hie und da einen ſchuͤchternen Scherz hinwarf, und ich ſagte gar nichts dazu, weil mein Herz voll war von den Begebniſſen des Tages. Wir ſtan¬ den nun auf der Hoͤhe, welche von der Gluth der untergehenden Sonne uͤbergoſſen war, vor mir ſchwebte die federleichte, verklaͤrte Geſtalt des jungen Maͤdchen und neben ihr glaubte ich den lieben Gott laͤcheln zu ſehen, den Freund und Schutzpatron der Landſchaftsmaler, als welchen ich ihn heute in dem Geſpraͤche mit dem Schul¬ meiſter entdeckt hatte; das ſcheidende Maͤdchen erroͤthete noch ſtaͤrker in die Abendroͤthe hinein, als ſie zuletzt auch mir die Hand bot. Wir be¬ ruͤhrten uns kaum mit den Fingerſpitzen und nannten uns hoͤflich Sie; aber die Vettern lach¬
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zwiſchen machte ſich eine gegenſeitige Neckerei
mit Herzensangelegenheiten unter den Geſchwi¬
ſtern geltend, das ganze ſuͤße Geplauder jenes
hoffnungsreichen Alters befreite ſich aus den
offenen Gemuͤthern und umſpann Alle mit gern
gehoͤrten Anſpielungen, verſtelltem Widerſtande
und ſchelmiſcher Ruͤckantwort. Nur Anna ſchien
vor den Angriffen ſicher zu ſein, waͤhrend ſie hie
und da einen ſchuͤchternen Scherz hinwarf, und
ich ſagte gar nichts dazu, weil mein Herz voll
war von den Begebniſſen des Tages. Wir ſtan¬
den nun auf der Hoͤhe, welche von der Gluth
der untergehenden Sonne uͤbergoſſen war, vor
mir ſchwebte die federleichte, verklaͤrte Geſtalt des
jungen Maͤdchen und neben ihr glaubte ich den
lieben Gott laͤcheln zu ſehen, den Freund und
Schutzpatron der Landſchaftsmaler, als welchen
ich ihn heute in dem Geſpraͤche mit dem Schul¬
meiſter entdeckt hatte; das ſcheidende Maͤdchen
erroͤthete noch ſtaͤrker in die Abendroͤthe hinein,
als ſie zuletzt auch mir die Hand bot. Wir be¬
ruͤhrten uns kaum mit den Fingerſpitzen und
nannten uns hoͤflich Sie; aber die Vettern lach¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/87>, abgerufen am 04.12.2024.
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