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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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bringen und ein müßiges, abenteuerliches Leben
zu führen, da er nicht gern arbeite und vom
Hochmuthe besessen sei, und man schrieb ihm dem¬
zufolge einen gefährlichen Charakter zu. Diese
Beurtheilung war im höchsten Grade oberflächlich
und ungerecht, und ich habe mit Mühe nach und
nach folgenden Sachverhalt herausbringen können.

Er war auf dem Lande geboren und als ein
kleiner Junge nach der Stadt zu Habersaat ge¬
bracht worden, da er große Neigung verrieth,
etwas Anderes zu werden, als ein Ackerbauer.
Es war in der Restaurationszeit, wo arme
Bauernkinder, wenn sie etwas lernen wollten,
nur die Wahl hatten zwischen einem Handwerk
und einem Plätzchen in einem städtischen Gewerbe.
Es war ein Glück für sie, wenn sie als Lauf¬
bürschchen in Handelshäusern, Fabriken oder
Kanzleien ein Fleckchen fanden, auf dem sie Fuß
fassen und, wenn etwas an ihnen war, sich auf¬
arbeiten konnten. Da Habersaat's Anstalt auch
eine Unterkunft dieser Art war, obgleich eine
schlimme, so gerieth Römer ganz zufällig dahin,
ohne viel zu wissen, was man aus ihm machen

bringen und ein muͤßiges, abenteuerliches Leben
zu fuͤhren, da er nicht gern arbeite und vom
Hochmuthe beſeſſen ſei, und man ſchrieb ihm dem¬
zufolge einen gefaͤhrlichen Charakter zu. Dieſe
Beurtheilung war im hoͤchſten Grade oberflaͤchlich
und ungerecht, und ich habe mit Muͤhe nach und
nach folgenden Sachverhalt herausbringen koͤnnen.

Er war auf dem Lande geboren und als ein
kleiner Junge nach der Stadt zu Haberſaat ge¬
bracht worden, da er große Neigung verrieth,
etwas Anderes zu werden, als ein Ackerbauer.
Es war in der Reſtaurationszeit, wo arme
Bauernkinder, wenn ſie etwas lernen wollten,
nur die Wahl hatten zwiſchen einem Handwerk
und einem Plaͤtzchen in einem ſtaͤdtiſchen Gewerbe.
Es war ein Gluͤck fuͤr ſie, wenn ſie als Lauf¬
buͤrſchchen in Handelshaͤuſern, Fabriken oder
Kanzleien ein Fleckchen fanden, auf dem ſie Fuß
faſſen und, wenn etwas an ihnen war, ſich auf¬
arbeiten konnten. Da Haberſaat's Anſtalt auch
eine Unterkunft dieſer Art war, obgleich eine
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[91/0101] bringen und ein muͤßiges, abenteuerliches Leben zu fuͤhren, da er nicht gern arbeite und vom Hochmuthe beſeſſen ſei, und man ſchrieb ihm dem¬ zufolge einen gefaͤhrlichen Charakter zu. Dieſe Beurtheilung war im hoͤchſten Grade oberflaͤchlich und ungerecht, und ich habe mit Muͤhe nach und nach folgenden Sachverhalt herausbringen koͤnnen. Er war auf dem Lande geboren und als ein kleiner Junge nach der Stadt zu Haberſaat ge¬ bracht worden, da er große Neigung verrieth, etwas Anderes zu werden, als ein Ackerbauer. Es war in der Reſtaurationszeit, wo arme Bauernkinder, wenn ſie etwas lernen wollten, nur die Wahl hatten zwiſchen einem Handwerk und einem Plaͤtzchen in einem ſtaͤdtiſchen Gewerbe. Es war ein Gluͤck fuͤr ſie, wenn ſie als Lauf¬ buͤrſchchen in Handelshaͤuſern, Fabriken oder Kanzleien ein Fleckchen fanden, auf dem ſie Fuß faſſen und, wenn etwas an ihnen war, ſich auf¬ arbeiten konnten. Da Haberſaat's Anſtalt auch eine Unterkunft dieſer Art war, obgleich eine ſchlimme, ſo gerieth Roͤmer ganz zufaͤllig dahin, ohne viel zu wiſſen, was man aus ihm machen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/101>, abgerufen am 21.11.2024.