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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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Reliefkarten von Landschaften mit Städten, Ge¬
birgen und Flüssen; auch malte er und stach in
Kupfer.

Noch ein sinnreicher Arbeiter in Kupfer war
Hans Frei, Dürer's Schwiegervater, welcher rei¬
zende und muthwillige Frauenfiguren in Kupfer
trieb, die aus den Brüsten und aus dem Kopf¬
putze Wasser springen ließen; zugleich spielte er
trefflich die Harfe und war in Musik und Poesie
wohl erfahren. Seine schöne böse Tochter Agnes
aber, in welcher sich Liebreiz und Unerträglichkeit
unablässig vermählten, brachte den Schönheit be¬
dürftigen und sanftmüthigen Albrecht unter den
Boden.

Doch als ein ganzer und klassischer Genoß
trat nun, unter dem schlichten Namen der Gelb-
und Rothgießer, Peter Bischer einher mit seinen
fünf Söhnen, die Handtierer in glänzendem Erze.
Er sah aus mit seinem kräftig gelockten Bart,
seiner runden Filzmütze und seinem Schmiedefell,
wie der wackere Hephästos selber. Sein freund¬
liches großes Auge verkündete, daß es ihm gelang,
aus reinlichem Erz sich ein unvergängliches Denk¬

Reliefkarten von Landſchaften mit Staͤdten, Ge¬
birgen und Fluͤſſen; auch malte er und ſtach in
Kupfer.

Noch ein ſinnreicher Arbeiter in Kupfer war
Hans Frei, Duͤrer's Schwiegervater, welcher rei¬
zende und muthwillige Frauenfiguren in Kupfer
trieb, die aus den Bruͤſten und aus dem Kopf¬
putze Waſſer ſpringen ließen; zugleich ſpielte er
trefflich die Harfe und war in Muſik und Poeſie
wohl erfahren. Seine ſchoͤne boͤſe Tochter Agnes
aber, in welcher ſich Liebreiz und Unertraͤglichkeit
unablaͤſſig vermaͤhlten, brachte den Schoͤnheit be¬
duͤrftigen und ſanftmuͤthigen Albrecht unter den
Boden.

Doch als ein ganzer und klaſſiſcher Genoß
trat nun, unter dem ſchlichten Namen der Gelb-
und Rothgießer, Peter Biſcher einher mit ſeinen
fuͤnf Soͤhnen, die Handtierer in glaͤnzendem Erze.
Er ſah aus mit ſeinem kraͤftig gelockten Bart,
ſeiner runden Filzmuͤtze und ſeinem Schmiedefell,
wie der wackere Hephaͤſtos ſelber. Sein freund¬
liches großes Auge verkuͤndete, daß es ihm gelang,
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[250/0260] Reliefkarten von Landſchaften mit Staͤdten, Ge¬ birgen und Fluͤſſen; auch malte er und ſtach in Kupfer. Noch ein ſinnreicher Arbeiter in Kupfer war Hans Frei, Duͤrer's Schwiegervater, welcher rei¬ zende und muthwillige Frauenfiguren in Kupfer trieb, die aus den Bruͤſten und aus dem Kopf¬ putze Waſſer ſpringen ließen; zugleich ſpielte er trefflich die Harfe und war in Muſik und Poeſie wohl erfahren. Seine ſchoͤne boͤſe Tochter Agnes aber, in welcher ſich Liebreiz und Unertraͤglichkeit unablaͤſſig vermaͤhlten, brachte den Schoͤnheit be¬ duͤrftigen und ſanftmuͤthigen Albrecht unter den Boden. Doch als ein ganzer und klaſſiſcher Genoß trat nun, unter dem ſchlichten Namen der Gelb- und Rothgießer, Peter Biſcher einher mit ſeinen fuͤnf Soͤhnen, die Handtierer in glaͤnzendem Erze. Er ſah aus mit ſeinem kraͤftig gelockten Bart, ſeiner runden Filzmuͤtze und ſeinem Schmiedefell, wie der wackere Hephaͤſtos ſelber. Sein freund¬ liches großes Auge verkuͤndete, daß es ihm gelang, aus reinlichem Erz ſich ein unvergaͤngliches Denk¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/260>, abgerufen am 22.11.2024.