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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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brummende Musik hervor, bald in der Octave,
bald in lauter Quinten pfeifend und schnarrend,
jetzt in schwindelnder Höhe, dann in der tiefsten
Tiefe.

Mit goldenem umlaubten Thyrsusstabe schritt
der Anführer des Bacchuszuges vor. Ein Kranz
blauer Trauben umschattete tief seine glühende
Stirn; von den Schultern flatterte und wallte
eine festliche Last buntgestreifter Seidenbänder bis
auf die Füße und verhüllte wehend den unbeklei¬
deten Körper. Nur die Füße waren mit goldenen
Sandalen versehen.

In biblischer Erinnerung trugen hierauf, um¬
tanzt von halb mittelalterlich, halb antik geschürz¬
ten Winzern mit Krügen, Traubenbutten, die
zwei Kundschafter aus dem gelobten Lande an
schwer gebogener Stange die große Traube. Vier
noch kernhaftere Männer trugen an vier aufrech¬
ten Fichten eine noch viel größere Traube. Auch
der dicke Silen, welcher unbehülflich und ängstlich
zu Fuß ging und die tobende Schaar von Schen¬
ken, Faunen und Winzern, welche den Wagen
des Bacchus zogen, schoben und umschwärmten,

III. 18

brummende Muſik hervor, bald in der Octave,
bald in lauter Quinten pfeifend und ſchnarrend,
jetzt in ſchwindelnder Hoͤhe, dann in der tiefſten
Tiefe.

Mit goldenem umlaubten Thyrſusſtabe ſchritt
der Anfuͤhrer des Bacchuszuges vor. Ein Kranz
blauer Trauben umſchattete tief ſeine gluͤhende
Stirn; von den Schultern flatterte und wallte
eine feſtliche Laſt buntgeſtreifter Seidenbaͤnder bis
auf die Fuͤße und verhuͤllte wehend den unbeklei¬
deten Koͤrper. Nur die Fuͤße waren mit goldenen
Sandalen verſehen.

In bibliſcher Erinnerung trugen hierauf, um¬
tanzt von halb mittelalterlich, halb antik geſchuͤrz¬
ten Winzern mit Kruͤgen, Traubenbutten, die
zwei Kundſchafter aus dem gelobten Lande an
ſchwer gebogener Stange die große Traube. Vier
noch kernhaftere Maͤnner trugen an vier aufrech¬
ten Fichten eine noch viel groͤßere Traube. Auch
der dicke Silen, welcher unbehuͤlflich und aͤngſtlich
zu Fuß ging und die tobende Schaar von Schen¬
ken, Faunen und Winzern, welche den Wagen
des Bacchus zogen, ſchoben und umſchwaͤrmten,

III. 18
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[273/0283] brummende Muſik hervor, bald in der Octave, bald in lauter Quinten pfeifend und ſchnarrend, jetzt in ſchwindelnder Hoͤhe, dann in der tiefſten Tiefe. Mit goldenem umlaubten Thyrſusſtabe ſchritt der Anfuͤhrer des Bacchuszuges vor. Ein Kranz blauer Trauben umſchattete tief ſeine gluͤhende Stirn; von den Schultern flatterte und wallte eine feſtliche Laſt buntgeſtreifter Seidenbaͤnder bis auf die Fuͤße und verhuͤllte wehend den unbeklei¬ deten Koͤrper. Nur die Fuͤße waren mit goldenen Sandalen verſehen. In bibliſcher Erinnerung trugen hierauf, um¬ tanzt von halb mittelalterlich, halb antik geſchuͤrz¬ ten Winzern mit Kruͤgen, Traubenbutten, die zwei Kundſchafter aus dem gelobten Lande an ſchwer gebogener Stange die große Traube. Vier noch kernhaftere Maͤnner trugen an vier aufrech¬ ten Fichten eine noch viel groͤßere Traube. Auch der dicke Silen, welcher unbehuͤlflich und aͤngſtlich zu Fuß ging und die tobende Schaar von Schen¬ ken, Faunen und Winzern, welche den Wagen des Bacchus zogen, ſchoben und umſchwaͤrmten, III. 18

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/283>, abgerufen am 21.11.2024.