verlegen unter die offene Thür. Das Innere der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmstichigen Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬ blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬ lischen Gruß, und vor demselben stand noch ein kleines Marienbildchen in einem starren Reif¬ röckchen von Seide und Metallflittern in allen Farben. Rings um den Altar hingen geopferte Herzen von Wachs, in allen Größen und auf die mannigfaltigste Weise verziert; im einen stak ein Papierblümchen, im anderen eine Flamme von Rauschgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬ der ein anderes war ganz in rothe Seidenläpp¬ chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden, eines war gar mit großen Stecknadeln besteckt, wie ein Nadelkissen, wohl zum Zeichen der schmerz¬ vollen Pein seiner Spenderin.
Auf den Bänken aber lagen zahlreiche Ab¬ drücke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen auch an der Thür hing und folgende Ueberschrift trug: Gebet zur allerlieblichsten, allerseligsten und allerhoffnungsreichsten heiligen Jungfrau Maria, der gnadenreichen und hülfespendenden Fürbitterin
verlegen unter die offene Thuͤr. Das Innere der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmſtichigen Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬ blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬ liſchen Gruß, und vor demſelben ſtand noch ein kleines Marienbildchen in einem ſtarren Reif¬ roͤckchen von Seide und Metallflittern in allen Farben. Rings um den Altar hingen geopferte Herzen von Wachs, in allen Groͤßen und auf die mannigfaltigſte Weiſe verziert; im einen ſtak ein Papierbluͤmchen, im anderen eine Flamme von Rauſchgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬ der ein anderes war ganz in rothe Seidenlaͤpp¬ chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden, eines war gar mit großen Stecknadeln beſteckt, wie ein Nadelkiſſen, wohl zum Zeichen der ſchmerz¬ vollen Pein ſeiner Spenderin.
Auf den Baͤnken aber lagen zahlreiche Ab¬ druͤcke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen auch an der Thuͤr hing und folgende Ueberſchrift trug: Gebet zur allerlieblichſten, allerſeligſten und allerhoffnungsreichſten heiligen Jungfrau Maria, der gnadenreichen und huͤlfeſpendenden Fuͤrbitterin
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0324"n="314"/>
verlegen unter die offene Thuͤr. Das Innere<lb/>
der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmſtichigen<lb/>
Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬<lb/>
blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬<lb/>
liſchen Gruß, und vor demſelben ſtand noch ein<lb/>
kleines Marienbildchen in einem ſtarren Reif¬<lb/>
roͤckchen von Seide und Metallflittern in allen<lb/>
Farben. Rings um den Altar hingen geopferte<lb/>
Herzen von Wachs, in allen Groͤßen und auf<lb/>
die mannigfaltigſte Weiſe verziert; im einen ſtak<lb/>
ein Papierbluͤmchen, im anderen eine Flamme von<lb/>
Rauſchgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬<lb/>
der ein anderes war ganz in rothe Seidenlaͤpp¬<lb/>
chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden,<lb/>
eines war gar mit großen Stecknadeln beſteckt,<lb/>
wie ein Nadelkiſſen, wohl zum Zeichen der ſchmerz¬<lb/>
vollen Pein ſeiner Spenderin.</p><lb/><p>Auf den Baͤnken aber lagen zahlreiche Ab¬<lb/>
druͤcke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen<lb/>
auch an der Thuͤr hing und folgende Ueberſchrift<lb/>
trug: Gebet zur allerlieblichſten, allerſeligſten und<lb/>
allerhoffnungsreichſten heiligen Jungfrau Maria,<lb/>
der gnadenreichen und huͤlfeſpendenden Fuͤrbitterin<lb/></p></div></body></text></TEI>
[314/0324]
verlegen unter die offene Thuͤr. Das Innere
der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmſtichigen
Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬
blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬
liſchen Gruß, und vor demſelben ſtand noch ein
kleines Marienbildchen in einem ſtarren Reif¬
roͤckchen von Seide und Metallflittern in allen
Farben. Rings um den Altar hingen geopferte
Herzen von Wachs, in allen Groͤßen und auf
die mannigfaltigſte Weiſe verziert; im einen ſtak
ein Papierbluͤmchen, im anderen eine Flamme von
Rauſchgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬
der ein anderes war ganz in rothe Seidenlaͤpp¬
chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden,
eines war gar mit großen Stecknadeln beſteckt,
wie ein Nadelkiſſen, wohl zum Zeichen der ſchmerz¬
vollen Pein ſeiner Spenderin.
Auf den Baͤnken aber lagen zahlreiche Ab¬
druͤcke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen
auch an der Thuͤr hing und folgende Ueberſchrift
trug: Gebet zur allerlieblichſten, allerſeligſten und
allerhoffnungsreichſten heiligen Jungfrau Maria,
der gnadenreichen und huͤlfeſpendenden Fuͤrbitterin
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/324>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.