und besprengte ihn über und über mit Wasser, indem sie mit dem Wedel unaufhörliche Kreuze schlug. Nachdem sie so die schädliche Einwirkung seiner Ketzerei auf ihre Andacht gebannt, ergriff sie beruhigter seinen Arm und ließ sich wieder in die Kutsche heben.
Heinrich zog sein Taschentuch und trocknete sich das Gesicht, welches von Weihwasser troff: Agnes wollte ihn daran verhindern und zog ihm das Tuch weg, und indem sie so in einen Streit geriethen, der zuletzt zum muthwilligen Scherz wurde, vergaßen sie ganz, daß sie bereits an dem Garten Rosaliens angekommen waren.
Die zahlreiche Gesellschaft, welche schon in dem Landhause versammelt war, begrüßte die liebliche Erscheinung mit lauter Freude. Rosalie hatte außer den Künstlern und den Damen von gestern noch mehrere ihrer Verwandten und Freunde holen lassen, welche sich nun in sonntäg¬ licher moderner Kleidung unter die Vermummten mischten, wovon die Gesellschaft ein zufälliges und leichtes Ansehen gewann. Rosalie selbst, um ihren Pflichten als Wirthin besser nachzukommen,
und beſprengte ihn uͤber und uͤber mit Waſſer, indem ſie mit dem Wedel unaufhoͤrliche Kreuze ſchlug. Nachdem ſie ſo die ſchaͤdliche Einwirkung ſeiner Ketzerei auf ihre Andacht gebannt, ergriff ſie beruhigter ſeinen Arm und ließ ſich wieder in die Kutſche heben.
Heinrich zog ſein Taſchentuch und trocknete ſich das Geſicht, welches von Weihwaſſer troff: Agnes wollte ihn daran verhindern und zog ihm das Tuch weg, und indem ſie ſo in einen Streit geriethen, der zuletzt zum muthwilligen Scherz wurde, vergaßen ſie ganz, daß ſie bereits an dem Garten Roſaliens angekommen waren.
Die zahlreiche Geſellſchaft, welche ſchon in dem Landhauſe verſammelt war, begruͤßte die liebliche Erſcheinung mit lauter Freude. Roſalie hatte außer den Kuͤnſtlern und den Damen von geſtern noch mehrere ihrer Verwandten und Freunde holen laſſen, welche ſich nun in ſonntaͤg¬ licher moderner Kleidung unter die Vermummten miſchten, wovon die Geſellſchaft ein zufaͤlliges und leichtes Anſehen gewann. Roſalie ſelbſt, um ihren Pflichten als Wirthin beſſer nachzukommen,
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und beſprengte ihn uͤber und uͤber mit Waſſer,
indem ſie mit dem Wedel unaufhoͤrliche Kreuze
ſchlug. Nachdem ſie ſo die ſchaͤdliche Einwirkung
ſeiner Ketzerei auf ihre Andacht gebannt, ergriff
ſie beruhigter ſeinen Arm und ließ ſich wieder in
die Kutſche heben.
Heinrich zog ſein Taſchentuch und trocknete
ſich das Geſicht, welches von Weihwaſſer troff:
Agnes wollte ihn daran verhindern und zog ihm
das Tuch weg, und indem ſie ſo in einen Streit
geriethen, der zuletzt zum muthwilligen Scherz
wurde, vergaßen ſie ganz, daß ſie bereits an dem
Garten Roſaliens angekommen waren.
Die zahlreiche Geſellſchaft, welche ſchon in
dem Landhauſe verſammelt war, begruͤßte die
liebliche Erſcheinung mit lauter Freude. Roſalie
hatte außer den Kuͤnſtlern und den Damen von
geſtern noch mehrere ihrer Verwandten und
Freunde holen laſſen, welche ſich nun in ſonntaͤg¬
licher moderner Kleidung unter die Vermummten
miſchten, wovon die Geſellſchaft ein zufaͤlliges
und leichtes Anſehen gewann. Roſalie ſelbſt, um
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/326>, abgerufen am 21.11.2024.
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