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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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bleichen Mann mit einer großen Nase, der in
Begleitung eines älteren Mannes ging, welcher
ein rothes Bändchen im Knopfloch trug. Die
Leute blickten ihm ernsthaft nach, besonders die
Frauen sahen gar bedenklich darein, da ihre
Männer und Söhne schon in Waffen umhergingen
und bereits Stunden lang im Regen standen,
um zum Abmarsche Pulver und Blei, Aexte,
Kessel u. d. gl. zu fassen. Nur Römer fühlte
von Allem Nichts und grüßte im Vorübergehen
den Fremdling vertraulich lächelnd wie ein eben¬
bürtiger Vornehmer, wobei ich zugleich bemerkte,
daß er vor Aufregung zitterte, einem Napoleoni¬
den so nahe zu sein.

Wenn ich den Wahnsinn verzeihen und tragen
mußte, so konnte ich hier die innere Ursache nicht
verzeihen, welche demselben zu Grunde zu liegen
und nichts Anderes zu sein schien, als jene un¬
erträgliche Sucht eitler Menschen, von der we¬
sentlichen und inhaltvollen Einfachheit der Hei¬
math abzufallen und dem lächerlichen Schatten
ausländisch-diplomatischer Klug- und Feinthuerei
nachzutrachten. Die aufbrausende Jugend war

bleichen Mann mit einer großen Naſe, der in
Begleitung eines aͤlteren Mannes ging, welcher
ein rothes Baͤndchen im Knopfloch trug. Die
Leute blickten ihm ernſthaft nach, beſonders die
Frauen ſahen gar bedenklich darein, da ihre
Maͤnner und Soͤhne ſchon in Waffen umhergingen
und bereits Stunden lang im Regen ſtanden,
um zum Abmarſche Pulver und Blei, Aexte,
Keſſel u. d. gl. zu faſſen. Nur Roͤmer fuͤhlte
von Allem Nichts und gruͤßte im Voruͤbergehen
den Fremdling vertraulich laͤchelnd wie ein eben¬
buͤrtiger Vornehmer, wobei ich zugleich bemerkte,
daß er vor Aufregung zitterte, einem Napoleoni¬
den ſo nahe zu ſein.

Wenn ich den Wahnſinn verzeihen und tragen
mußte, ſo konnte ich hier die innere Urſache nicht
verzeihen, welche demſelben zu Grunde zu liegen
und nichts Anderes zu ſein ſchien, als jene un¬
ertraͤgliche Sucht eitler Menſchen, von der we¬
ſentlichen und inhaltvollen Einfachheit der Hei¬
math abzufallen und dem laͤcherlichen Schatten
auslaͤndiſch-diplomatiſcher Klug- und Feinthuerei
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[89/0099] bleichen Mann mit einer großen Naſe, der in Begleitung eines aͤlteren Mannes ging, welcher ein rothes Baͤndchen im Knopfloch trug. Die Leute blickten ihm ernſthaft nach, beſonders die Frauen ſahen gar bedenklich darein, da ihre Maͤnner und Soͤhne ſchon in Waffen umhergingen und bereits Stunden lang im Regen ſtanden, um zum Abmarſche Pulver und Blei, Aexte, Keſſel u. d. gl. zu faſſen. Nur Roͤmer fuͤhlte von Allem Nichts und gruͤßte im Voruͤbergehen den Fremdling vertraulich laͤchelnd wie ein eben¬ buͤrtiger Vornehmer, wobei ich zugleich bemerkte, daß er vor Aufregung zitterte, einem Napoleoni¬ den ſo nahe zu ſein. Wenn ich den Wahnſinn verzeihen und tragen mußte, ſo konnte ich hier die innere Urſache nicht verzeihen, welche demſelben zu Grunde zu liegen und nichts Anderes zu ſein ſchien, als jene un¬ ertraͤgliche Sucht eitler Menſchen, von der we¬ ſentlichen und inhaltvollen Einfachheit der Hei¬ math abzufallen und dem laͤcherlichen Schatten auslaͤndiſch-diplomatiſcher Klug- und Feinthuerei nachzutrachten. Die aufbrauſende Jugend war

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/99>, abgerufen am 22.11.2024.