Hauses, welcher sich zu seiner Formirung im Aus¬ lande aufhält und einige allgemeine Studien treibt, von Allem ein Bischen lernt, um dereinst einen wohlbestellten und unterrichteten Bürgersmann vorzustellen, welcher weiß, warum es sich handelt, und, ohne gelehrt zu sein, doch in manchem Falle, wo er nicht schon eine eigene Meinung hat, im Stande ist, sich eine solche auf dem kürzesten Wege anzueignen.
So verging die Zeit, und während Heinrich ohne freien Willen, denn er konnte gar nicht an¬ ders, rücksichtslos und gänzlich die Zeit verwen¬ dete, sich Zeug und Stoff für seinen freien Willen zu verschaffen, nämlich Einsicht, wußte er bereits nicht mehr, wovon er leben sollte und sah sich plötzlich zu seinem großen Erstaunen von Noth und Sorge umgeben, so daß er kaum wußte, wie ihm geschah.
Hauſes, welcher ſich zu ſeiner Formirung im Aus¬ lande aufhaͤlt und einige allgemeine Studien treibt, von Allem ein Bischen lernt, um dereinſt einen wohlbeſtellten und unterrichteten Buͤrgersmann vorzuſtellen, welcher weiß, warum es ſich handelt, und, ohne gelehrt zu ſein, doch in manchem Falle, wo er nicht ſchon eine eigene Meinung hat, im Stande iſt, ſich eine ſolche auf dem kuͤrzeſten Wege anzueignen.
So verging die Zeit, und waͤhrend Heinrich ohne freien Willen, denn er konnte gar nicht an¬ ders, ruͤckſichtslos und gaͤnzlich die Zeit verwen¬ dete, ſich Zeug und Stoff fuͤr ſeinen freien Willen zu verſchaffen, naͤmlich Einſicht, wußte er bereits nicht mehr, wovon er leben ſollte und ſah ſich ploͤtzlich zu ſeinem großen Erſtaunen von Noth und Sorge umgeben, ſo daß er kaum wußte, wie ihm geſchah.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0112"n="102"/>
Hauſes, welcher ſich zu ſeiner Formirung im Aus¬<lb/>
lande aufhaͤlt und einige allgemeine Studien treibt,<lb/>
von Allem ein Bischen lernt, um dereinſt einen<lb/>
wohlbeſtellten und unterrichteten Buͤrgersmann<lb/>
vorzuſtellen, welcher weiß, warum es ſich handelt,<lb/>
und, ohne gelehrt zu ſein, doch in manchem Falle,<lb/>
wo er nicht ſchon eine eigene Meinung hat, im<lb/>
Stande iſt, ſich eine ſolche auf dem kuͤrzeſten<lb/>
Wege anzueignen.</p><lb/><p>So verging die Zeit, und waͤhrend Heinrich<lb/>
ohne freien Willen, denn er konnte gar nicht an¬<lb/>
ders, ruͤckſichtslos und gaͤnzlich die Zeit verwen¬<lb/>
dete, ſich Zeug und Stoff fuͤr ſeinen freien Willen<lb/>
zu verſchaffen, naͤmlich Einſicht, wußte er bereits<lb/>
nicht mehr, wovon er leben ſollte und ſah ſich<lb/>
ploͤtzlich zu ſeinem großen Erſtaunen von Noth<lb/>
und Sorge umgeben, ſo daß er kaum wußte, wie<lb/>
ihm geſchah.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[102/0112]
Hauſes, welcher ſich zu ſeiner Formirung im Aus¬
lande aufhaͤlt und einige allgemeine Studien treibt,
von Allem ein Bischen lernt, um dereinſt einen
wohlbeſtellten und unterrichteten Buͤrgersmann
vorzuſtellen, welcher weiß, warum es ſich handelt,
und, ohne gelehrt zu ſein, doch in manchem Falle,
wo er nicht ſchon eine eigene Meinung hat, im
Stande iſt, ſich eine ſolche auf dem kuͤrzeſten
Wege anzueignen.
So verging die Zeit, und waͤhrend Heinrich
ohne freien Willen, denn er konnte gar nicht an¬
ders, ruͤckſichtslos und gaͤnzlich die Zeit verwen¬
dete, ſich Zeug und Stoff fuͤr ſeinen freien Willen
zu verſchaffen, naͤmlich Einſicht, wußte er bereits
nicht mehr, wovon er leben ſollte und ſah ſich
ploͤtzlich zu ſeinem großen Erſtaunen von Noth
und Sorge umgeben, ſo daß er kaum wußte, wie
ihm geſchah.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/112>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.