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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Hier führt ein bloßes Wollen, ein glücklicher
Einfall ohne Mühe zu reichlichem Erwerb, dort
eine geordnete und nachhaltige Mühe, welche mehr
der wirklichen Arbeit gleicht, aber ohne innere
Wahrheit, ohne vernünftigen Zweck, ohne Idee.
Hier heißt Arbeit, lohnt sich und wird zur Tu¬
gend, was dort Nutzlosigkeit, Müßiggang und
Laster ist. Hier nützt und hilft etwas theilweise,
ohne wahr zu sein; dort ist etwas wahr und na¬
türlich, ohne zu nützen, und immer ist der Erfolg
der König, der den Ritterschlag in dieser künstli¬
chen Welt ertheilt. Und alle diese Momente ver¬
mischen und kreuzen sich auf so wunderliche Weise,
daß für die gesunde Vernunft das Urtheil schwer
wird.

Ein Speculant geräth auf die Idee der Re¬
valenta arabica und bebaut dieselbe mit aller
Umsicht und Ausdauer; sie gewinnt eine auffal¬
lende Ausbreitung und gelingt glänzend; Hun¬
derttausende, vielleicht Millionen werden dadurch
in Bewegung gesetzt und gewonnen, und doch
sagt Jedermann: es ist ein Betrug und ein
Schwindel! Und doch muß man die Sache näher

Hier fuͤhrt ein bloßes Wollen, ein gluͤcklicher
Einfall ohne Muͤhe zu reichlichem Erwerb, dort
eine geordnete und nachhaltige Muͤhe, welche mehr
der wirklichen Arbeit gleicht, aber ohne innere
Wahrheit, ohne vernuͤnftigen Zweck, ohne Idee.
Hier heißt Arbeit, lohnt ſich und wird zur Tu¬
gend, was dort Nutzloſigkeit, Muͤßiggang und
Laſter iſt. Hier nuͤtzt und hilft etwas theilweiſe,
ohne wahr zu ſein; dort iſt etwas wahr und na¬
tuͤrlich, ohne zu nuͤtzen, und immer iſt der Erfolg
der Koͤnig, der den Ritterſchlag in dieſer kuͤnſtli¬
chen Welt ertheilt. Und alle dieſe Momente ver¬
miſchen und kreuzen ſich auf ſo wunderliche Weiſe,
daß fuͤr die geſunde Vernunft das Urtheil ſchwer
wird.

Ein Speculant geraͤth auf die Idee der Re¬
valenta arabica und bebaut dieſelbe mit aller
Umſicht und Ausdauer; ſie gewinnt eine auffal¬
lende Ausbreitung und gelingt glaͤnzend; Hun¬
derttauſende, vielleicht Millionen werden dadurch
in Bewegung geſetzt und gewonnen, und doch
ſagt Jedermann: es iſt ein Betrug und ein
Schwindel! Und doch muß man die Sache naͤher

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[115/0125] Hier fuͤhrt ein bloßes Wollen, ein gluͤcklicher Einfall ohne Muͤhe zu reichlichem Erwerb, dort eine geordnete und nachhaltige Muͤhe, welche mehr der wirklichen Arbeit gleicht, aber ohne innere Wahrheit, ohne vernuͤnftigen Zweck, ohne Idee. Hier heißt Arbeit, lohnt ſich und wird zur Tu¬ gend, was dort Nutzloſigkeit, Muͤßiggang und Laſter iſt. Hier nuͤtzt und hilft etwas theilweiſe, ohne wahr zu ſein; dort iſt etwas wahr und na¬ tuͤrlich, ohne zu nuͤtzen, und immer iſt der Erfolg der Koͤnig, der den Ritterſchlag in dieſer kuͤnſtli¬ chen Welt ertheilt. Und alle dieſe Momente ver¬ miſchen und kreuzen ſich auf ſo wunderliche Weiſe, daß fuͤr die geſunde Vernunft das Urtheil ſchwer wird. Ein Speculant geraͤth auf die Idee der Re¬ valenta arabica und bebaut dieſelbe mit aller Umſicht und Ausdauer; ſie gewinnt eine auffal¬ lende Ausbreitung und gelingt glaͤnzend; Hun¬ derttauſende, vielleicht Millionen werden dadurch in Bewegung geſetzt und gewonnen, und doch ſagt Jedermann: es iſt ein Betrug und ein Schwindel! Und doch muß man die Sache naͤher

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/125>, abgerufen am 29.11.2024.