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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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digung hervorgerufen werden; auch hatte sie keine
Ahnung davon, daß ihr Söhnchen, welches sie so
knapp gehalten hatte, in seiner Freiheit etwa so
lange Credit finden würde. Sie hielt ihre Er¬
sparnisse fortwährend bereit, um sie auf die erste
Klage theilweise oder ganz abzusenden, während
Heinrich seine Lage verschwieg und sich an das
Schuldenwesen gewöhnte, und es war rührend
komisch, wie beide Theile über diesen Punkt ein
feierliches Schweigen beobachteten und sich stellten,
als ob man von der Luft leben könnte; der eine
Theil aus Selbstvertrauen, der andere aus weib¬
licher Klugheit.

Gerade mit einem Jahreslaufe ging aber
Heinrich's Credit zu Ende oder vielmehr bedurften
die Leute ihr Geld, und in dem Maße als sie
ihn zu drängen anfingen und er höchst verlegen
und kleinlaut war, wurden auch seine Briefe sel¬
tener und einsilbiger, so daß die Mutter Angst
bekam, die Ursache errieth und ihn endlich zur
Rede stellte und ihm ihre Hülfe anbot. Diese
ergriff er nun ohne besondere dankbare Redens¬
arten, die Mutter sandte sogleich ihren Schatz

digung hervorgerufen werden; auch hatte ſie keine
Ahnung davon, daß ihr Soͤhnchen, welches ſie ſo
knapp gehalten hatte, in ſeiner Freiheit etwa ſo
lange Credit finden wuͤrde. Sie hielt ihre Er¬
ſparniſſe fortwaͤhrend bereit, um ſie auf die erſte
Klage theilweiſe oder ganz abzuſenden, waͤhrend
Heinrich ſeine Lage verſchwieg und ſich an das
Schuldenweſen gewoͤhnte, und es war ruͤhrend
komiſch, wie beide Theile uͤber dieſen Punkt ein
feierliches Schweigen beobachteten und ſich ſtellten,
als ob man von der Luft leben koͤnnte; der eine
Theil aus Selbſtvertrauen, der andere aus weib¬
licher Klugheit.

Gerade mit einem Jahreslaufe ging aber
Heinrich's Credit zu Ende oder vielmehr bedurften
die Leute ihr Geld, und in dem Maße als ſie
ihn zu draͤngen anfingen und er hoͤchſt verlegen
und kleinlaut war, wurden auch ſeine Briefe ſel¬
tener und einſilbiger, ſo daß die Mutter Angſt
bekam, die Urſache errieth und ihn endlich zur
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[141/0151] digung hervorgerufen werden; auch hatte ſie keine Ahnung davon, daß ihr Soͤhnchen, welches ſie ſo knapp gehalten hatte, in ſeiner Freiheit etwa ſo lange Credit finden wuͤrde. Sie hielt ihre Er¬ ſparniſſe fortwaͤhrend bereit, um ſie auf die erſte Klage theilweiſe oder ganz abzuſenden, waͤhrend Heinrich ſeine Lage verſchwieg und ſich an das Schuldenweſen gewoͤhnte, und es war ruͤhrend komiſch, wie beide Theile uͤber dieſen Punkt ein feierliches Schweigen beobachteten und ſich ſtellten, als ob man von der Luft leben koͤnnte; der eine Theil aus Selbſtvertrauen, der andere aus weib¬ licher Klugheit. Gerade mit einem Jahreslaufe ging aber Heinrich's Credit zu Ende oder vielmehr bedurften die Leute ihr Geld, und in dem Maße als ſie ihn zu draͤngen anfingen und er hoͤchſt verlegen und kleinlaut war, wurden auch ſeine Briefe ſel¬ tener und einſilbiger, ſo daß die Mutter Angſt bekam, die Urſache errieth und ihn endlich zur Rede ſtellte und ihm ihre Huͤlfe anbot. Dieſe ergriff er nun ohne beſondere dankbare Redens¬ arten, die Mutter ſandte ſogleich ihren Schatz

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/151>, abgerufen am 04.12.2024.