den gerührt, auf der breiten Landstraße wälzte sich erst ein laufender Menschenknäuel daher, dann rasselte ein geharnischter Reiterhaufen, ritten Be¬ amtete aller Art heran und an der Spitze eines langen Wagenzuges rollte jetzt der Blumenwagen vorüber, in welchem ein liebliches junges Mäd¬ chen saß in Reisekleidern und höchst vergnügt das tobende Volk begrüßte. Doch Alles ging so schnell vor¬ über wie ein Traum, und hinter den letzten Rei¬ tern fluthete die Menge zusammen und bedeckte, sich langsam nach der Stadt wälzend, alle Ge¬ höfte, Wirthshäuser und Schenken im Umkreise und fiel singend, lärmend, prügelnd in die zahl¬ losen Fallen, welche ihr die stillen Speculanten des Tages überall aufgestellt.
Auch Heinrich schlenderte in die Stadt zurück und unterhielt sich nun damit, seine Fahnenstan¬ gen vor den anderen herauszusuchen; er kannte sie bald an verschiedenen Zeichen, und ein um das andere Haus wies diese Erzeugnisse seines Fleißes auf. Unversehens aber erwachte der Re¬ publikaner in ihm und er rief schmerzlich in sich hinein: "Das ist also nun das Ende vom Liede,
den geruͤhrt, auf der breiten Landſtraße waͤlzte ſich erſt ein laufender Menſchenknaͤuel daher, dann raſſelte ein geharniſchter Reiterhaufen, ritten Be¬ amtete aller Art heran und an der Spitze eines langen Wagenzuges rollte jetzt der Blumenwagen voruͤber, in welchem ein liebliches junges Maͤd¬ chen ſaß in Reiſekleidern und hoͤchſt vergnuͤgt das tobende Volk begruͤßte. Doch Alles ging ſo ſchnell vor¬ uͤber wie ein Traum, und hinter den letzten Rei¬ tern fluthete die Menge zuſammen und bedeckte, ſich langſam nach der Stadt waͤlzend, alle Ge¬ hoͤfte, Wirthshaͤuſer und Schenken im Umkreiſe und fiel ſingend, laͤrmend, pruͤgelnd in die zahl¬ loſen Fallen, welche ihr die ſtillen Speculanten des Tages uͤberall aufgeſtellt.
Auch Heinrich ſchlenderte in die Stadt zuruͤck und unterhielt ſich nun damit, ſeine Fahnenſtan¬ gen vor den anderen herauszuſuchen; er kannte ſie bald an verſchiedenen Zeichen, und ein um das andere Haus wies dieſe Erzeugniſſe ſeines Fleißes auf. Unverſehens aber erwachte der Re¬ publikaner in ihm und er rief ſchmerzlich in ſich hinein: »Das iſt alſo nun das Ende vom Liede,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0206"n="196"/>
den geruͤhrt, auf der breiten Landſtraße waͤlzte<lb/>ſich erſt ein laufender Menſchenknaͤuel daher, dann<lb/>
raſſelte ein geharniſchter Reiterhaufen, ritten Be¬<lb/>
amtete aller Art heran und an der Spitze eines<lb/>
langen Wagenzuges rollte jetzt der Blumenwagen<lb/>
voruͤber, in welchem ein liebliches junges Maͤd¬<lb/>
chen ſaß in Reiſekleidern und hoͤchſt vergnuͤgt das<lb/>
tobende Volk begruͤßte. Doch Alles ging ſo ſchnell vor¬<lb/>
uͤber wie ein Traum, und hinter den letzten Rei¬<lb/>
tern fluthete die Menge zuſammen und bedeckte,<lb/>ſich langſam nach der Stadt waͤlzend, alle Ge¬<lb/>
hoͤfte, Wirthshaͤuſer und Schenken im Umkreiſe<lb/>
und fiel ſingend, laͤrmend, pruͤgelnd in die zahl¬<lb/>
loſen Fallen, welche ihr die ſtillen Speculanten<lb/>
des Tages uͤberall aufgeſtellt.</p><lb/><p>Auch Heinrich ſchlenderte in die Stadt zuruͤck<lb/>
und unterhielt ſich nun damit, ſeine Fahnenſtan¬<lb/>
gen vor den anderen herauszuſuchen; er kannte<lb/>ſie bald an verſchiedenen Zeichen, und ein um<lb/>
das andere Haus wies dieſe Erzeugniſſe ſeines<lb/>
Fleißes auf. Unverſehens aber erwachte der Re¬<lb/>
publikaner in ihm und er rief ſchmerzlich in ſich<lb/>
hinein: »Das iſt alſo nun das Ende vom Liede,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[196/0206]
den geruͤhrt, auf der breiten Landſtraße waͤlzte
ſich erſt ein laufender Menſchenknaͤuel daher, dann
raſſelte ein geharniſchter Reiterhaufen, ritten Be¬
amtete aller Art heran und an der Spitze eines
langen Wagenzuges rollte jetzt der Blumenwagen
voruͤber, in welchem ein liebliches junges Maͤd¬
chen ſaß in Reiſekleidern und hoͤchſt vergnuͤgt das
tobende Volk begruͤßte. Doch Alles ging ſo ſchnell vor¬
uͤber wie ein Traum, und hinter den letzten Rei¬
tern fluthete die Menge zuſammen und bedeckte,
ſich langſam nach der Stadt waͤlzend, alle Ge¬
hoͤfte, Wirthshaͤuſer und Schenken im Umkreiſe
und fiel ſingend, laͤrmend, pruͤgelnd in die zahl¬
loſen Fallen, welche ihr die ſtillen Speculanten
des Tages uͤberall aufgeſtellt.
Auch Heinrich ſchlenderte in die Stadt zuruͤck
und unterhielt ſich nun damit, ſeine Fahnenſtan¬
gen vor den anderen herauszuſuchen; er kannte
ſie bald an verſchiedenen Zeichen, und ein um
das andere Haus wies dieſe Erzeugniſſe ſeines
Fleißes auf. Unverſehens aber erwachte der Re¬
publikaner in ihm und er rief ſchmerzlich in ſich
hinein: »Das iſt alſo nun das Ende vom Liede,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/206>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.