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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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einziger Edelstein schien, und die riesenhaften
Lindenwipfel wehten daran hin und her, als ob
sie ihn noch blanker fegen wollten, und zuletzt
wuchsen sie in die durchsichtige blaue Masse hinein,
daß es vollkommen anzusehen war wie die Moos¬
pflänzchen, die man im Bernstein eingeschlossen
sieht, nur unendlich größer.

Zwischen den ungeheuren grünen Laubmassen
der Linden stiegen die beiden gothischen Thürme
des Münsters empor, indessen das byzantinische
Schiff der Kirche wie ein Steingebirge unter der
Laubmasse lag; aber wo etwas davon sichtbar
wurde, war es die künstlichste Bildhauerarbeit.
Die beiden goldenen Kronen aber, welche, Heinrich
wohlbekannt, die Thurmknöpfe bildeten, funkelten
in der Himmelshöhe und waren voll junger
Mädchen, die darin tanzten. Obgleich er trotz
des breiten Stromes jede Fuge an der Stadt
und jedes einzelne Lindenblatt klar und scharf
erkennen konnte, so konnte er doch nicht sehen,
wer die Mädchen waren, und er beeilte sich, hin¬
überzukommen, da es ihn sehr Wunder nahm,
wer sie sein möchten.

einziger Edelſtein ſchien, und die rieſenhaften
Lindenwipfel wehten daran hin und her, als ob
ſie ihn noch blanker fegen wollten, und zuletzt
wuchſen ſie in die durchſichtige blaue Maſſe hinein,
daß es vollkommen anzuſehen war wie die Moos¬
pflaͤnzchen, die man im Bernſtein eingeſchloſſen
ſieht, nur unendlich groͤßer.

Zwiſchen den ungeheuren gruͤnen Laubmaſſen
der Linden ſtiegen die beiden gothiſchen Thuͤrme
des Muͤnſters empor, indeſſen das byzantiniſche
Schiff der Kirche wie ein Steingebirge unter der
Laubmaſſe lag; aber wo etwas davon ſichtbar
wurde, war es die kuͤnſtlichſte Bildhauerarbeit.
Die beiden goldenen Kronen aber, welche, Heinrich
wohlbekannt, die Thurmknoͤpfe bildeten, funkelten
in der Himmelshoͤhe und waren voll junger
Maͤdchen, die darin tanzten. Obgleich er trotz
des breiten Stromes jede Fuge an der Stadt
und jedes einzelne Lindenblatt klar und ſcharf
erkennen konnte, ſo konnte er doch nicht ſehen,
wer die Maͤdchen waren, und er beeilte ſich, hin¬
uͤberzukommen, da es ihn ſehr Wunder nahm,
wer ſie ſein moͤchten.

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[237/0247] einziger Edelſtein ſchien, und die rieſenhaften Lindenwipfel wehten daran hin und her, als ob ſie ihn noch blanker fegen wollten, und zuletzt wuchſen ſie in die durchſichtige blaue Maſſe hinein, daß es vollkommen anzuſehen war wie die Moos¬ pflaͤnzchen, die man im Bernſtein eingeſchloſſen ſieht, nur unendlich groͤßer. Zwiſchen den ungeheuren gruͤnen Laubmaſſen der Linden ſtiegen die beiden gothiſchen Thuͤrme des Muͤnſters empor, indeſſen das byzantiniſche Schiff der Kirche wie ein Steingebirge unter der Laubmaſſe lag; aber wo etwas davon ſichtbar wurde, war es die kuͤnſtlichſte Bildhauerarbeit. Die beiden goldenen Kronen aber, welche, Heinrich wohlbekannt, die Thurmknoͤpfe bildeten, funkelten in der Himmelshoͤhe und waren voll junger Maͤdchen, die darin tanzten. Obgleich er trotz des breiten Stromes jede Fuge an der Stadt und jedes einzelne Lindenblatt klar und ſcharf erkennen konnte, ſo konnte er doch nicht ſehen, wer die Maͤdchen waren, und er beeilte ſich, hin¬ uͤberzukommen, da es ihn ſehr Wunder nahm, wer ſie ſein moͤchten.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/247>, abgerufen am 24.11.2024.