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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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ecke bog, und ein einziger Hufschlag hat in Dir
meine Erscheinung erneuert, welche überhaupt
veranlaßt wurde, als vor einer halben Stunde
derselbe Nachtwächter des entgegengesetzten Weges
kam. Auch ist dieses Minimum von Zeit ein und
dasselbe Minimum von Raum, kurz die identische
Kleinigkeit Deines in das Kopfkissen gedrückten
Schädels, in welchem sich eine so weite Gegend
und tausend belebte und verschiedene Dinge gleich¬
zeitig ausbreiten und zwar Alles auf Rechnung
des einen Hufschlages, welcher nichts desto minder
nur als ein gemeiner Hammerschlag zu betrachten
ist, der nur dazu dient, den Kasten Deines eige¬
nen Wesens aufzuthun, worin Alles schon hübsch
zusammengepäschelt liegt, was --"

"Um's Himmelswillen!" rief Heinrich, "ver¬
geude nicht länger die kostbare Dauer des Huf¬
schlages mit Deinen Auseinandersetzungen, sonst
ist der nur allzukurze Augenblick vorbei, ehe ich
über diese schöne Brücke im Reinen bin!"

"Eilt gar nicht! Alles, was wir für jetzo zu
erleben und zu erfahren haben, geht vollkommen
in das Maß des wackeren Pferdetrittes hinein,

ecke bog, und ein einziger Hufſchlag hat in Dir
meine Erſcheinung erneuert, welche uͤberhaupt
veranlaßt wurde, als vor einer halben Stunde
derſelbe Nachtwaͤchter des entgegengeſetzten Weges
kam. Auch iſt dieſes Minimum von Zeit ein und
daſſelbe Minimum von Raum, kurz die identiſche
Kleinigkeit Deines in das Kopfkiſſen gedruͤckten
Schaͤdels, in welchem ſich eine ſo weite Gegend
und tauſend belebte und verſchiedene Dinge gleich¬
zeitig ausbreiten und zwar Alles auf Rechnung
des einen Hufſchlages, welcher nichts deſto minder
nur als ein gemeiner Hammerſchlag zu betrachten
iſt, der nur dazu dient, den Kaſten Deines eige¬
nen Weſens aufzuthun, worin Alles ſchon huͤbſch
zuſammengepaͤſchelt liegt, was —«

»Um's Himmelswillen!« rief Heinrich, »ver¬
geude nicht laͤnger die koſtbare Dauer des Huf¬
ſchlages mit Deinen Auseinanderſetzungen, ſonſt
iſt der nur allzukurze Augenblick vorbei, ehe ich
uͤber dieſe ſchoͤne Bruͤcke im Reinen bin!«

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erleben und zu erfahren haben, geht vollkommen
in das Maß des wackeren Pferdetrittes hinein,

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[246/0256] ecke bog, und ein einziger Hufſchlag hat in Dir meine Erſcheinung erneuert, welche uͤberhaupt veranlaßt wurde, als vor einer halben Stunde derſelbe Nachtwaͤchter des entgegengeſetzten Weges kam. Auch iſt dieſes Minimum von Zeit ein und daſſelbe Minimum von Raum, kurz die identiſche Kleinigkeit Deines in das Kopfkiſſen gedruͤckten Schaͤdels, in welchem ſich eine ſo weite Gegend und tauſend belebte und verſchiedene Dinge gleich¬ zeitig ausbreiten und zwar Alles auf Rechnung des einen Hufſchlages, welcher nichts deſto minder nur als ein gemeiner Hammerſchlag zu betrachten iſt, der nur dazu dient, den Kaſten Deines eige¬ nen Weſens aufzuthun, worin Alles ſchon huͤbſch zuſammengepaͤſchelt liegt, was —« »Um's Himmelswillen!« rief Heinrich, »ver¬ geude nicht laͤnger die koſtbare Dauer des Huf¬ ſchlages mit Deinen Auseinanderſetzungen, ſonſt iſt der nur allzukurze Augenblick vorbei, ehe ich uͤber dieſe ſchoͤne Bruͤcke im Reinen bin!« »Eilt gar nicht! Alles, was wir fuͤr jetzo zu erleben und zu erfahren haben, geht vollkommen in das Maß des wackeren Pferdetrittes hinein,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/256>, abgerufen am 21.11.2024.