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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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setzen, um aus dem Munde dieses Geschöpfes das
Orakel zu vernehmen?"

Heinrich lächelte vergnügt und selbstzufrieden
wie Einer, der es wohl weiß, daß er sich selbst
einen Spaß vormacht, und versetzte: "Antworte!
Ich sehe hier eine Brücke; dieselbe ist aber voll¬
kommen gebaut und eingerichtet wie ein Palast
oder großer Tempel, so daß es in dieser Hinsicht
wieder mehr als eine Brücke zu sein scheint, wäh¬
rend eine solche vielmehr nur der Weg etwa zu
einem guten Tempel oder derartigen Bauwerke
zu sein pflegt. Auch beginnt am Ausgange die¬
ser herrlichen Palastbrücke oder dieses Brücken¬
palastes eine herrliche alte Stadt, deren himmel¬
hohe Lindenwipfel und goldene Thurmknöpfe
wir wohl unter diese Bogenwölbungen können
einherfunkeln sehen, wenn wir uns bücken, so wie
wir ja auch aus der schönsten Landschaft herkom¬
men und soeben über die treffliche ideenhaltige
Krystalltreppe heruntergestolpert sind. Trotzdem
scheint Alles auf dieser Brücke so zu leben und
zu weben, als ob Nichts als diese Brücke da
wäre, und ich bin nun begierig, zu hören, ob dies

ſetzen, um aus dem Munde dieſes Geſchoͤpfes das
Orakel zu vernehmen?«

Heinrich laͤchelte vergnuͤgt und ſelbſtzufrieden
wie Einer, der es wohl weiß, daß er ſich ſelbſt
einen Spaß vormacht, und verſetzte: »Antworte!
Ich ſehe hier eine Bruͤcke; dieſelbe iſt aber voll¬
kommen gebaut und eingerichtet wie ein Palaſt
oder großer Tempel, ſo daß es in dieſer Hinſicht
wieder mehr als eine Bruͤcke zu ſein ſcheint, waͤh¬
rend eine ſolche vielmehr nur der Weg etwa zu
einem guten Tempel oder derartigen Bauwerke
zu ſein pflegt. Auch beginnt am Ausgange die¬
ſer herrlichen Palaſtbruͤcke oder dieſes Bruͤcken¬
palaſtes eine herrliche alte Stadt, deren himmel¬
hohe Lindenwipfel und goldene Thurmknoͤpfe
wir wohl unter dieſe Bogenwoͤlbungen koͤnnen
einherfunkeln ſehen, wenn wir uns buͤcken, ſo wie
wir ja auch aus der ſchoͤnſten Landſchaft herkom¬
men und ſoeben uͤber die treffliche ideenhaltige
Kryſtalltreppe heruntergeſtolpert ſind. Trotzdem
ſcheint Alles auf dieſer Bruͤcke ſo zu leben und
zu weben, als ob Nichts als dieſe Bruͤcke da
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[249/0259] ſetzen, um aus dem Munde dieſes Geſchoͤpfes das Orakel zu vernehmen?« Heinrich laͤchelte vergnuͤgt und ſelbſtzufrieden wie Einer, der es wohl weiß, daß er ſich ſelbſt einen Spaß vormacht, und verſetzte: »Antworte! Ich ſehe hier eine Bruͤcke; dieſelbe iſt aber voll¬ kommen gebaut und eingerichtet wie ein Palaſt oder großer Tempel, ſo daß es in dieſer Hinſicht wieder mehr als eine Bruͤcke zu ſein ſcheint, waͤh¬ rend eine ſolche vielmehr nur der Weg etwa zu einem guten Tempel oder derartigen Bauwerke zu ſein pflegt. Auch beginnt am Ausgange die¬ ſer herrlichen Palaſtbruͤcke oder dieſes Bruͤcken¬ palaſtes eine herrliche alte Stadt, deren himmel¬ hohe Lindenwipfel und goldene Thurmknoͤpfe wir wohl unter dieſe Bogenwoͤlbungen koͤnnen einherfunkeln ſehen, wenn wir uns buͤcken, ſo wie wir ja auch aus der ſchoͤnſten Landſchaft herkom¬ men und ſoeben uͤber die treffliche ideenhaltige Kryſtalltreppe heruntergeſtolpert ſind. Trotzdem ſcheint Alles auf dieſer Bruͤcke ſo zu leben und zu weben, als ob Nichts als dieſe Bruͤcke da waͤre, und ich bin nun begierig, zu hoͤren, ob dies

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/259>, abgerufen am 22.11.2024.