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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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das richtigste Findelkind und heiße mit Namen
Dortchen Schönfund und nicht anders, so hat
mich mein lieber Pflegepapa getauft!"

Heinrich sah den Grafen verwundert an und
dieser lachte und sagte: "Ei, ist dies also nun
das Ziel Deines Witzes? Wir mußten nämlich
gestern Abend lachen, lieber Freund! als wir
Ihre Worte lasen: wenn Sie sich selbst bei der
Nase fassen, so seien sie sattsam überzeugt, daß
Sie zweiunddreißig Ahnen besäßen! Als wir aber
dann die ganz gesunde Freude lasen, welche Sie
doch äußern, so ehrliche Eltern zu besitzen, und wie
Sie sich doch nicht enthalten können, über die
Vorfahren einige Vermuthungen aufzustellen,
mußten wir wieder lachen; nur das liebe Kind
hier schmollte und beklagte sich, daß Alle, Ade¬
lige wie Bürgerliche und Bauern, sich ihrer Ab¬
kunft freuen und nur sie allein sich gänzlich
schämen müsse und gar keine Herkunft habe;
denn ich habe sie wirklich auf der Straße gefun¬
den und sie ist meine brave und kluge Pflegetoch¬
ter." Er streichelte ihr wohlgefällig die Locken,
Heinrich aber war ganz beschämt und sagte klein¬

das richtigſte Findelkind und heiße mit Namen
Dortchen Schoͤnfund und nicht anders, ſo hat
mich mein lieber Pflegepapa getauft!«

Heinrich ſah den Grafen verwundert an und
dieſer lachte und ſagte: »Ei, iſt dies alſo nun
das Ziel Deines Witzes? Wir mußten naͤmlich
geſtern Abend lachen, lieber Freund! als wir
Ihre Worte laſen: wenn Sie ſich ſelbſt bei der
Naſe faſſen, ſo ſeien ſie ſattſam uͤberzeugt, daß
Sie zweiunddreißig Ahnen beſaͤßen! Als wir aber
dann die ganz geſunde Freude laſen, welche Sie
doch aͤußern, ſo ehrliche Eltern zu beſitzen, und wie
Sie ſich doch nicht enthalten koͤnnen, uͤber die
Vorfahren einige Vermuthungen aufzuſtellen,
mußten wir wieder lachen; nur das liebe Kind
hier ſchmollte und beklagte ſich, daß Alle, Ade¬
lige wie Buͤrgerliche und Bauern, ſich ihrer Ab¬
kunft freuen und nur ſie allein ſich gaͤnzlich
ſchaͤmen muͤſſe und gar keine Herkunft habe;
denn ich habe ſie wirklich auf der Straße gefun¬
den und ſie iſt meine brave und kluge Pflegetoch¬
ter.« Er ſtreichelte ihr wohlgefaͤllig die Locken,
Heinrich aber war ganz beſchaͤmt und ſagte klein¬

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[348/0358] das richtigſte Findelkind und heiße mit Namen Dortchen Schoͤnfund und nicht anders, ſo hat mich mein lieber Pflegepapa getauft!« Heinrich ſah den Grafen verwundert an und dieſer lachte und ſagte: »Ei, iſt dies alſo nun das Ziel Deines Witzes? Wir mußten naͤmlich geſtern Abend lachen, lieber Freund! als wir Ihre Worte laſen: wenn Sie ſich ſelbſt bei der Naſe faſſen, ſo ſeien ſie ſattſam uͤberzeugt, daß Sie zweiunddreißig Ahnen beſaͤßen! Als wir aber dann die ganz geſunde Freude laſen, welche Sie doch aͤußern, ſo ehrliche Eltern zu beſitzen, und wie Sie ſich doch nicht enthalten koͤnnen, uͤber die Vorfahren einige Vermuthungen aufzuſtellen, mußten wir wieder lachen; nur das liebe Kind hier ſchmollte und beklagte ſich, daß Alle, Ade¬ lige wie Buͤrgerliche und Bauern, ſich ihrer Ab¬ kunft freuen und nur ſie allein ſich gaͤnzlich ſchaͤmen muͤſſe und gar keine Herkunft habe; denn ich habe ſie wirklich auf der Straße gefun¬ den und ſie iſt meine brave und kluge Pflegetoch¬ ter.« Er ſtreichelte ihr wohlgefaͤllig die Locken, Heinrich aber war ganz beſchaͤmt und ſagte klein¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/358>, abgerufen am 23.11.2024.