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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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am Weibe nennt, einen Mann gewinnt und gänz¬
lich in Beschlag nimmt, so bringen ihn nachher,
wenn er in seiner Einfalt entdeckt, daß die Ge¬
liebte nicht nur schön, gut und huldvoll, sondern
auch gescheidt und nicht auf den Kopf gefallen
sei, diese fröhliche Bosheit des Herzens, diese
kindliche Tücke vollends um den Verstand und
um alle Seelenruhe, da es nun total entschieden
scheint, ohne diese sei das Leben fürhin leer und
todt. So ging auch Heinrich abermals ein neues
Licht auf und es befiel ihn ein heftiger Schrecken,
nun ganz gewiß nie wieder ruhig zu werden, da
er gerade dies kurzweilige Frauenleben nicht sein
nennen könne. Denn wenn die Liebe nicht nur
schön und tief, sondern auch recht eigentlich kurz¬
weilig ist, so erneut sie sich selbst durch tausend
kleine Züge und Lustbarkeiten in jedem Augen¬
blick das bischen Leben hindurch und verdoppelt
den Werth desselben, und nichts macht trauriger,
als ein solches Leben möglich zu sehen, ohne es
zu gewinnen, ja die allertraurigsten Leute sind
die, welche das Zeug dazu haben, recht lustig zu

am Weibe nennt, einen Mann gewinnt und gaͤnz¬
lich in Beſchlag nimmt, ſo bringen ihn nachher,
wenn er in ſeiner Einfalt entdeckt, daß die Ge¬
liebte nicht nur ſchoͤn, gut und huldvoll, ſondern
auch geſcheidt und nicht auf den Kopf gefallen
ſei, dieſe froͤhliche Bosheit des Herzens, dieſe
kindliche Tuͤcke vollends um den Verſtand und
um alle Seelenruhe, da es nun total entſchieden
ſcheint, ohne dieſe ſei das Leben fuͤrhin leer und
todt. So ging auch Heinrich abermals ein neues
Licht auf und es befiel ihn ein heftiger Schrecken,
nun ganz gewiß nie wieder ruhig zu werden, da
er gerade dies kurzweilige Frauenleben nicht ſein
nennen koͤnne. Denn wenn die Liebe nicht nur
ſchoͤn und tief, ſondern auch recht eigentlich kurz¬
weilig iſt, ſo erneut ſie ſich ſelbſt durch tauſend
kleine Zuͤge und Luſtbarkeiten in jedem Augen¬
blick das bischen Leben hindurch und verdoppelt
den Werth deſſelben, und nichts macht trauriger,
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[402/0412] am Weibe nennt, einen Mann gewinnt und gaͤnz¬ lich in Beſchlag nimmt, ſo bringen ihn nachher, wenn er in ſeiner Einfalt entdeckt, daß die Ge¬ liebte nicht nur ſchoͤn, gut und huldvoll, ſondern auch geſcheidt und nicht auf den Kopf gefallen ſei, dieſe froͤhliche Bosheit des Herzens, dieſe kindliche Tuͤcke vollends um den Verſtand und um alle Seelenruhe, da es nun total entſchieden ſcheint, ohne dieſe ſei das Leben fuͤrhin leer und todt. So ging auch Heinrich abermals ein neues Licht auf und es befiel ihn ein heftiger Schrecken, nun ganz gewiß nie wieder ruhig zu werden, da er gerade dies kurzweilige Frauenleben nicht ſein nennen koͤnne. Denn wenn die Liebe nicht nur ſchoͤn und tief, ſondern auch recht eigentlich kurz¬ weilig iſt, ſo erneut ſie ſich ſelbſt durch tauſend kleine Zuͤge und Luſtbarkeiten in jedem Augen¬ blick das bischen Leben hindurch und verdoppelt den Werth deſſelben, und nichts macht trauriger, als ein ſolches Leben moͤglich zu ſehen, ohne es zu gewinnen, ja die allertraurigſten Leute ſind die, welche das Zeug dazu haben, recht luſtig zu

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/412>, abgerufen am 25.11.2024.