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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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sein Schloß herstellten, prächtiger als es je gewesen,
und spendete Wohlthaten rings herum gleich einem
Fürsten, der eben gekrönt worden ist. Das Haupt¬
werk aber war die Grundlegung einer mächtigen
Abtei für fünfhundert der frömmsten und vornehm¬
sten Capitularen, eine ordentliche Stadt von Heiligen
und Schriftgelehrten, in deren Mitte dereinst seine
Begräbnißstätte sein sollte. Diese Vorsicht glaubte
er seinem ewigen Seelenheil schuldig zu sein. Da
über seine Frau anders verfügt war, so wurde eine
Grabstätte für sie nicht vorgesehen.

Am Mittage vor Walpurgis befahl er zu satteln,
und gebot seiner schönen Frau ihr weißes Jagdpferd
zu besteigen, da sie einen weiten Weg mit ihm zu
reiten hätte. Zugleich verbot er, daß irgend ein
Knappe oder Diener mitkäme. Eine große Angst be¬
fiel die Arme, sie zitterte an allen Gliedern und be¬
log zum ersten Mal in ihrer Ehe den Gemahl, indem
sie sich für unwohl ausgab und ihn bat, sie zu
Hause zu lassen. Da sie kurz vorher halblaut ein
wenig gesungen hatte, so ward Gebizo zornig über diese
Lüge und glaubte nun ein doppeltes Recht über sie
zu haben. Sie mußte, dazu noch möglichst wohl
geschmückt, zu Pferde sitzen und ritt traurig mit ihrem
Manne von dannen, ohne zu wissen, wohin es
gehen sollte.

ſein Schloß herſtellten, prächtiger als es je geweſen,
und ſpendete Wohlthaten rings herum gleich einem
Fürſten, der eben gekrönt worden iſt. Das Haupt¬
werk aber war die Grundlegung einer mächtigen
Abtei für fünfhundert der frömmſten und vornehm¬
ſten Capitularen, eine ordentliche Stadt von Heiligen
und Schriftgelehrten, in deren Mitte dereinſt ſeine
Begräbnißſtätte ſein ſollte. Dieſe Vorſicht glaubte
er ſeinem ewigen Seelenheil ſchuldig zu ſein. Da
über ſeine Frau anders verfügt war, ſo wurde eine
Grabſtätte für ſie nicht vorgeſehen.

Am Mittage vor Walpurgis befahl er zu ſatteln,
und gebot ſeiner ſchönen Frau ihr weißes Jagdpferd
zu beſteigen, da ſie einen weiten Weg mit ihm zu
reiten hätte. Zugleich verbot er, daß irgend ein
Knappe oder Diener mitkäme. Eine große Angſt be¬
fiel die Arme, ſie zitterte an allen Gliedern und be¬
log zum erſten Mal in ihrer Ehe den Gemahl, indem
ſie ſich für unwohl ausgab und ihn bat, ſie zu
Hauſe zu laſſen. Da ſie kurz vorher halblaut ein
wenig geſungen hatte, ſo ward Gebizo zornig über dieſe
Lüge und glaubte nun ein doppeltes Recht über ſie
zu haben. Sie mußte, dazu noch möglichſt wohl
geſchmückt, zu Pferde ſitzen und ritt traurig mit ihrem
Manne von dannen, ohne zu wiſſen, wohin es
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[36/0050] ſein Schloß herſtellten, prächtiger als es je geweſen, und ſpendete Wohlthaten rings herum gleich einem Fürſten, der eben gekrönt worden iſt. Das Haupt¬ werk aber war die Grundlegung einer mächtigen Abtei für fünfhundert der frömmſten und vornehm¬ ſten Capitularen, eine ordentliche Stadt von Heiligen und Schriftgelehrten, in deren Mitte dereinſt ſeine Begräbnißſtätte ſein ſollte. Dieſe Vorſicht glaubte er ſeinem ewigen Seelenheil ſchuldig zu ſein. Da über ſeine Frau anders verfügt war, ſo wurde eine Grabſtätte für ſie nicht vorgeſehen. Am Mittage vor Walpurgis befahl er zu ſatteln, und gebot ſeiner ſchönen Frau ihr weißes Jagdpferd zu beſteigen, da ſie einen weiten Weg mit ihm zu reiten hätte. Zugleich verbot er, daß irgend ein Knappe oder Diener mitkäme. Eine große Angſt be¬ fiel die Arme, ſie zitterte an allen Gliedern und be¬ log zum erſten Mal in ihrer Ehe den Gemahl, indem ſie ſich für unwohl ausgab und ihn bat, ſie zu Hauſe zu laſſen. Da ſie kurz vorher halblaut ein wenig geſungen hatte, ſo ward Gebizo zornig über dieſe Lüge und glaubte nun ein doppeltes Recht über ſie zu haben. Sie mußte, dazu noch möglichſt wohl geſchmückt, zu Pferde ſitzen und ritt traurig mit ihrem Manne von dannen, ohne zu wiſſen, wohin es gehen ſollte.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/50>, abgerufen am 23.11.2024.