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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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setzen. Wolle er sein Leben daran wagen, so wolle
sie mit ihm um ihr Herz würfeln, welches ihm, wenn
er gewinne, auf ewig verpfändet und zu Eigen sein
solle, wenn aber sie gewinne, so solle sein Leben in
ihrer Hand stehen und sie wieder eigene Herrin ihrer
ganzen Person sein.

Dies sagte sie mit großem Ernst, sah ihn aber
dabei so seltsam an, daß ihm jetzt erst das Herz zu
klopfen anfing und er verwirrt sie betrachtete. Im¬
mer schöner schien sie zu werden, als sie mit leiserer
Stimme und fragendem Blicke fortfuhr: "Wer wird
ein Weib minnen wollen ohne Gegenminne und das
von seinem Muthe nicht überzeugt ist? Gebt mir
Euer Schwert, nehmt hier die Würfel und wagt es,
so mögen wir verbunden werden wie zwei rechte
Liebende! Zugleich drückte sie ihm die busenwarmen
Elfenbeinwürfel in die Hand. Bethört gab er ihr
sein Schwert sammt dem Gehänge und warf sofort
eilf Augen mit Einem Wurfe.

Hierauf ergriff Beatrix die Würfel, schüttelte sie
mit einem geheimen Seufzer zur heiligen Maria,
der Mutter Gottes, heftig in ihren hohlen Händen,
und warf zwölf Augen, womit sie gewann.

"Ich schenk' Euch Euer Leben!" sagte sie, ver¬
neigte sich ernsthaft vor dem Baron, nahm ihre Ge¬
wänder ein wenig zusammen und das Schwert unter

ſetzen. Wolle er ſein Leben daran wagen, ſo wolle
ſie mit ihm um ihr Herz würfeln, welches ihm, wenn
er gewinne, auf ewig verpfändet und zu Eigen ſein
ſolle, wenn aber ſie gewinne, ſo ſolle ſein Leben in
ihrer Hand ſtehen und ſie wieder eigene Herrin ihrer
ganzen Perſon ſein.

Dies ſagte ſie mit großem Ernſt, ſah ihn aber
dabei ſo ſeltſam an, daß ihm jetzt erſt das Herz zu
klopfen anfing und er verwirrt ſie betrachtete. Im¬
mer ſchöner ſchien ſie zu werden, als ſie mit leiſerer
Stimme und fragendem Blicke fortfuhr: „Wer wird
ein Weib minnen wollen ohne Gegenminne und das
von ſeinem Muthe nicht überzeugt iſt? Gebt mir
Euer Schwert, nehmt hier die Würfel und wagt es,
ſo mögen wir verbunden werden wie zwei rechte
Liebende! Zugleich drückte ſie ihm die buſenwarmen
Elfenbeinwürfel in die Hand. Bethört gab er ihr
ſein Schwert ſammt dem Gehänge und warf ſofort
eilf Augen mit Einem Wurfe.

Hierauf ergriff Beatrix die Würfel, ſchüttelte ſie
mit einem geheimen Seufzer zur heiligen Maria,
der Mutter Gottes, heftig in ihren hohlen Händen,
und warf zwölf Augen, womit ſie gewann.

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[75/0089] ſetzen. Wolle er ſein Leben daran wagen, ſo wolle ſie mit ihm um ihr Herz würfeln, welches ihm, wenn er gewinne, auf ewig verpfändet und zu Eigen ſein ſolle, wenn aber ſie gewinne, ſo ſolle ſein Leben in ihrer Hand ſtehen und ſie wieder eigene Herrin ihrer ganzen Perſon ſein. Dies ſagte ſie mit großem Ernſt, ſah ihn aber dabei ſo ſeltſam an, daß ihm jetzt erſt das Herz zu klopfen anfing und er verwirrt ſie betrachtete. Im¬ mer ſchöner ſchien ſie zu werden, als ſie mit leiſerer Stimme und fragendem Blicke fortfuhr: „Wer wird ein Weib minnen wollen ohne Gegenminne und das von ſeinem Muthe nicht überzeugt iſt? Gebt mir Euer Schwert, nehmt hier die Würfel und wagt es, ſo mögen wir verbunden werden wie zwei rechte Liebende! Zugleich drückte ſie ihm die buſenwarmen Elfenbeinwürfel in die Hand. Bethört gab er ihr ſein Schwert ſammt dem Gehänge und warf ſofort eilf Augen mit Einem Wurfe. Hierauf ergriff Beatrix die Würfel, ſchüttelte ſie mit einem geheimen Seufzer zur heiligen Maria, der Mutter Gottes, heftig in ihren hohlen Händen, und warf zwölf Augen, womit ſie gewann. „Ich ſchenk' Euch Euer Leben!“ ſagte ſie, ver¬ neigte ſich ernſthaft vor dem Baron, nahm ihre Ge¬ wänder ein wenig zuſammen und das Schwert unter

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/89>, abgerufen am 27.11.2024.