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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Bergstämmen an der äußersten Grenze des indo¬
brittischen Reiches herumschlugen. Einzelne Kom¬
pagnieen unsers Regimentes waren fortwährend
vorgeschoben; eines Tages aber wurde die mei¬
nige so mörderlich umzingelt, daß wir uns mit¬
ten in einem Knäuel von banditenähnlichen Rei¬
tern, Elephanten und sonderbaren bemalten und
vergoldeten Wagen befanden, auf denen stille
schöne hindostanische Scheinfürsten saßen, von den
wilden Häuptlingen als Puppen mitgeführt. Un¬
sere sämmtlichen Offiziere fielen an diesem Tage
und die Kompagnie schmolz auf ein Drittel zu¬
sammen. Da ich mich ordentlich hielt und einige
Dienste leistete, so erlangte ich das Patent des
ersten Lieutenants der Kompagnie und nach Be¬
endigung des Feldzuges war ich deren Kapitän."

"Als solcher hielt ich mit etwa hundert und
funfzig Mann zwei Jahre lang einen kleinen
Grenzbezirk besetzt, welcher zur Arrondirung un¬
sers Gebietes erobert worden, und war während
dieser Zeit der oberste Machthaber in dieser heid¬
nischen Wildniß. Ich war nun so einsam, als
ich je in meinem Leben gewesen, mißtrauisch gegen
alle Welt und ziemlich streng in meinem Ge¬

Bergſtämmen an der äußerſten Grenze des indo¬
brittiſchen Reiches herumſchlugen. Einzelne Kom¬
pagnieen unſers Regimentes waren fortwährend
vorgeſchoben; eines Tages aber wurde die mei¬
nige ſo mörderlich umzingelt, daß wir uns mit¬
ten in einem Knäuel von banditenähnlichen Rei¬
tern, Elephanten und ſonderbaren bemalten und
vergoldeten Wagen befanden, auf denen ſtille
ſchöne hindoſtaniſche Scheinfürſten ſaßen, von den
wilden Häuptlingen als Puppen mitgeführt. Un¬
ſere ſämmtlichen Offiziere fielen an dieſem Tage
und die Kompagnie ſchmolz auf ein Drittel zu¬
ſammen. Da ich mich ordentlich hielt und einige
Dienſte leiſtete, ſo erlangte ich das Patent des
erſten Lieutenants der Kompagnie und nach Be¬
endigung des Feldzuges war ich deren Kapitän.«

»Als ſolcher hielt ich mit etwa hundert und
funfzig Mann zwei Jahre lang einen kleinen
Grenzbezirk beſetzt, welcher zur Arrondirung un¬
ſers Gebietes erobert worden, und war während
dieſer Zeit der oberſte Machthaber in dieſer heid¬
niſchen Wildniß. Ich war nun ſo einſam, als
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alle Welt und ziemlich ſtreng in meinem Ge¬

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[93/0105] Bergſtämmen an der äußerſten Grenze des indo¬ brittiſchen Reiches herumſchlugen. Einzelne Kom¬ pagnieen unſers Regimentes waren fortwährend vorgeſchoben; eines Tages aber wurde die mei¬ nige ſo mörderlich umzingelt, daß wir uns mit¬ ten in einem Knäuel von banditenähnlichen Rei¬ tern, Elephanten und ſonderbaren bemalten und vergoldeten Wagen befanden, auf denen ſtille ſchöne hindoſtaniſche Scheinfürſten ſaßen, von den wilden Häuptlingen als Puppen mitgeführt. Un¬ ſere ſämmtlichen Offiziere fielen an dieſem Tage und die Kompagnie ſchmolz auf ein Drittel zu¬ ſammen. Da ich mich ordentlich hielt und einige Dienſte leiſtete, ſo erlangte ich das Patent des erſten Lieutenants der Kompagnie und nach Be¬ endigung des Feldzuges war ich deren Kapitän.« »Als ſolcher hielt ich mit etwa hundert und funfzig Mann zwei Jahre lang einen kleinen Grenzbezirk beſetzt, welcher zur Arrondirung un¬ ſers Gebietes erobert worden, und war während dieſer Zeit der oberſte Machthaber in dieſer heid¬ niſchen Wildniß. Ich war nun ſo einſam, als ich je in meinem Leben geweſen, mißtrauiſch gegen alle Welt und ziemlich ſtreng in meinem Ge¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/105>, abgerufen am 23.11.2024.