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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und der einsilbigen Jagd des Lebens wieder nach¬
zugeben; er hatte ein tüchtiges rastloses Arbeiten
wenigstens mit angesehen und sich unter den
Amerikanern ein wenig abgerieben, so daß ihm
diese ewige Sitzerei und Schwatzerei nun selbst
nicht mehr zusagte. Er fühlte, daß er in sei¬
nem wohlbestellten Hause doch besser aufgehoben
wäre, als in diesen Wirthshäusern und kehrte
unwillkürlich dahin zurück, ohne zu wissen, ob
er dort bleiben oder wieder fortgeben solle?
So ging er in die Stube die man ihm einge¬
räumt ; dort warf der alternde Mann seine Baar¬
schaft unmuthig in einen Winkel, setzte sich ritt¬
lings auf einen Stuhl, senkte den großen be¬
trübten Kopf auf die Lehne und fing ganz bit¬
terlich an zu weinen. Da trat seine Frau her¬
ein, sah, daß er sich elend fühlte und mußte
sein Elend achten. So wie sie aber wieder et¬
was an ihm achten konnte, kehrte ihre Liebe au¬
genblicklich zurück. Sie sprach nicht mit ihm,
blieb aber den übrigen Theil des Tages in der
Kammer, ordnete erst dies und jenes zu seiner
Bequemlichkeit und setzte sich endlich mit ihrem

und der einſilbigen Jagd des Lebens wieder nach¬
zugeben; er hatte ein tüchtiges raſtloſes Arbeiten
wenigſtens mit angeſehen und ſich unter den
Amerikanern ein wenig abgerieben, ſo daß ihm
dieſe ewige Sitzerei und Schwatzerei nun ſelbſt
nicht mehr zuſagte. Er fühlte, daß er in ſei¬
nem wohlbeſtellten Hauſe doch beſſer aufgehoben
wäre, als in dieſen Wirthshäuſern und kehrte
unwillkürlich dahin zurück, ohne zu wiſſen, ob
er dort bleiben oder wieder fortgeben ſolle?
So ging er in die Stube die man ihm einge¬
räumt ; dort warf der alternde Mann ſeine Baar¬
ſchaft unmuthig in einen Winkel, ſetzte ſich ritt¬
lings auf einen Stuhl, ſenkte den großen be¬
trübten Kopf auf die Lehne und fing ganz bit¬
terlich an zu weinen. Da trat ſeine Frau her¬
ein, ſah, daß er ſich elend fühlte und mußte
ſein Elend achten. So wie ſie aber wieder et¬
was an ihm achten konnte, kehrte ihre Liebe au¬
genblicklich zurück. Sie ſprach nicht mit ihm,
blieb aber den übrigen Theil des Tages in der
Kammer, ordnete erſt dies und jenes zu ſeiner
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[206/0218] und der einſilbigen Jagd des Lebens wieder nach¬ zugeben; er hatte ein tüchtiges raſtloſes Arbeiten wenigſtens mit angeſehen und ſich unter den Amerikanern ein wenig abgerieben, ſo daß ihm dieſe ewige Sitzerei und Schwatzerei nun ſelbſt nicht mehr zuſagte. Er fühlte, daß er in ſei¬ nem wohlbeſtellten Hauſe doch beſſer aufgehoben wäre, als in dieſen Wirthshäuſern und kehrte unwillkürlich dahin zurück, ohne zu wiſſen, ob er dort bleiben oder wieder fortgeben ſolle? So ging er in die Stube die man ihm einge¬ räumt ; dort warf der alternde Mann ſeine Baar¬ ſchaft unmuthig in einen Winkel, ſetzte ſich ritt¬ lings auf einen Stuhl, ſenkte den großen be¬ trübten Kopf auf die Lehne und fing ganz bit¬ terlich an zu weinen. Da trat ſeine Frau her¬ ein, ſah, daß er ſich elend fühlte und mußte ſein Elend achten. So wie ſie aber wieder et¬ was an ihm achten konnte, kehrte ihre Liebe au¬ genblicklich zurück. Sie ſprach nicht mit ihm, blieb aber den übrigen Theil des Tages in der Kammer, ordnete erſt dies und jenes zu ſeiner Bequemlichkeit und ſetzte ſich endlich mit ihrem

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/218>, abgerufen am 21.11.2024.