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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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liche Bäuerin für den fleißigen Meister mitge¬
sandt, und außerdem waren da noch verpackt
allerlei seltsam gestaltete angebissene Äpfel und
Birnen, welche die Kinder am Wege aufgelesen,
und eine völlig nackte Puppe mit nur einem
Bein und einem verschmierten Gesicht, welche
wie ein Fräulein zwischen den Broden saß und
sich behaglich fahren ließ. Dies Fuhrwerk hielt
nach manchem Anstoß und Aufenthalt endlich auf
der Höhe im Schatten eines jungen Lindenge¬
büsches, welches da am Rande des Feldes stand,
und nun konnte man die beiden Fuhrleute näher
betrachten. Es war ein Junge von sieben Jah¬
ren und ein Dirnchen von fünfen, beide gesund
und munter und weiter war nichts Auffälliges
an ihnen, als daß beide sehr hübsche Augen
hatten und das Mädchen dazu noch eine bräun¬
liche Gesichtsfarbe und ganz krause dunkle Haare,
welche ihm ein feuriges und treuherziges Anse¬
hen gaben. Die Pflüger waren jetzt auch wie¬
der oben angekommen, steckten den Pferden et¬
was Klee vor und ließen die Pflüge in der halb
vollendeten Furche stehen, während sie als gute
Nachbaren sich zu dem gemeinschaftlichen Imbiß

liche Bäuerin für den fleißigen Meiſter mitge¬
ſandt, und außerdem waren da noch verpackt
allerlei ſeltſam geſtaltete angebiſſene Äpfel und
Birnen, welche die Kinder am Wege aufgeleſen,
und eine völlig nackte Puppe mit nur einem
Bein und einem verſchmierten Geſicht, welche
wie ein Fräulein zwiſchen den Broden ſaß und
ſich behaglich fahren ließ. Dies Fuhrwerk hielt
nach manchem Anſtoß und Aufenthalt endlich auf
der Höhe im Schatten eines jungen Lindenge¬
büſches, welches da am Rande des Feldes ſtand,
und nun konnte man die beiden Fuhrleute näher
betrachten. Es war ein Junge von ſieben Jah¬
ren und ein Dirnchen von fünfen, beide geſund
und munter und weiter war nichts Auffälliges
an ihnen, als daß beide ſehr hübſche Augen
hatten und das Mädchen dazu noch eine bräun¬
liche Geſichtsfarbe und ganz krauſe dunkle Haare,
welche ihm ein feuriges und treuherziges Anſe¬
hen gaben. Die Pflüger waren jetzt auch wie¬
der oben angekommen, ſteckten den Pferden et¬
was Klee vor und ließen die Pflüge in der halb
vollendeten Furche ſtehen, während ſie als gute
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[213/0225] liche Bäuerin für den fleißigen Meiſter mitge¬ ſandt, und außerdem waren da noch verpackt allerlei ſeltſam geſtaltete angebiſſene Äpfel und Birnen, welche die Kinder am Wege aufgeleſen, und eine völlig nackte Puppe mit nur einem Bein und einem verſchmierten Geſicht, welche wie ein Fräulein zwiſchen den Broden ſaß und ſich behaglich fahren ließ. Dies Fuhrwerk hielt nach manchem Anſtoß und Aufenthalt endlich auf der Höhe im Schatten eines jungen Lindenge¬ büſches, welches da am Rande des Feldes ſtand, und nun konnte man die beiden Fuhrleute näher betrachten. Es war ein Junge von ſieben Jah¬ ren und ein Dirnchen von fünfen, beide geſund und munter und weiter war nichts Auffälliges an ihnen, als daß beide ſehr hübſche Augen hatten und das Mädchen dazu noch eine bräun¬ liche Geſichtsfarbe und ganz krauſe dunkle Haare, welche ihm ein feuriges und treuherziges Anſe¬ hen gaben. Die Pflüger waren jetzt auch wie¬ der oben angekommen, ſteckten den Pferden et¬ was Klee vor und ließen die Pflüge in der halb vollendeten Furche ſtehen, während ſie als gute Nachbaren ſich zu dem gemeinſchaftlichen Imbiß

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/225>, abgerufen am 24.11.2024.