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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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was mit ihm anzufangen sei. Ich habe mich
aber bedankt, das verwilderte Wesen für einen
Andern herzustellen und sagte, sie sollten den
Acker nur verkaufen und den Ertrag aufheben,
bis sich ein Eigenthümer herausgestellt, was wohl
nie geschehen wird, denn was einmal auf der
Kanzlei zu Seldwyl liegt, hat da gute Weile
und überdem ist die Sache schwer zu entscheiden.
Die Lumpen möchten indessen gar zu gern etwas
zu naschen bekommen durch den Pachtzins, was
sie freilich mit der Verkaufssumme auch thun
könnten; allein wir würden uns hüten, dasselbe
zu hoch hinauf zu treiben und wir wüßten dann
doch was wir hätten und wem das Land ge¬
hört!"

"Ganz so meine ich auch und habe dem
Steckleinspringer eine ähnliche Antwort gegeben!"

Sie schwiegen eine Weile, dann fing Manz
wiederum an: "Schad' ist es aber doch, daß
der gute Boden so daliegen muß, es ist nicht
zum Ansehen, das geht nun schon in die zwan¬
zig Jahre so und keine Seele fragt darnach;
denn hier im Dorf ist Niemand, der irgend ei¬
nen Anspruch auf den Acker hat, und Niemand

was mit ihm anzufangen ſei. Ich habe mich
aber bedankt, das verwilderte Weſen für einen
Andern herzuſtellen und ſagte, ſie ſollten den
Acker nur verkaufen und den Ertrag aufheben,
bis ſich ein Eigenthümer herausgeſtellt, was wohl
nie geſchehen wird, denn was einmal auf der
Kanzlei zu Seldwyl liegt, hat da gute Weile
und überdem iſt die Sache ſchwer zu entſcheiden.
Die Lumpen möchten indeſſen gar zu gern etwas
zu naſchen bekommen durch den Pachtzins, was
ſie freilich mit der Verkaufsſumme auch thun
könnten; allein wir würden uns hüten, daſſelbe
zu hoch hinauf zu treiben und wir wüßten dann
doch was wir hätten und wem das Land ge¬
hört!«

»Ganz ſo meine ich auch und habe dem
Steckleinſpringer eine ähnliche Antwort gegeben!«

Sie ſchwiegen eine Weile, dann fing Manz
wiederum an: »Schad' iſt es aber doch, daß
der gute Boden ſo daliegen muß, es iſt nicht
zum Anſehen, das geht nun ſchon in die zwan¬
zig Jahre ſo und keine Seele fragt darnach;
denn hier im Dorf iſt Niemand, der irgend ei¬
nen Anſpruch auf den Acker hat, und Niemand

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[215/0227] was mit ihm anzufangen ſei. Ich habe mich aber bedankt, das verwilderte Weſen für einen Andern herzuſtellen und ſagte, ſie ſollten den Acker nur verkaufen und den Ertrag aufheben, bis ſich ein Eigenthümer herausgeſtellt, was wohl nie geſchehen wird, denn was einmal auf der Kanzlei zu Seldwyl liegt, hat da gute Weile und überdem iſt die Sache ſchwer zu entſcheiden. Die Lumpen möchten indeſſen gar zu gern etwas zu naſchen bekommen durch den Pachtzins, was ſie freilich mit der Verkaufsſumme auch thun könnten; allein wir würden uns hüten, daſſelbe zu hoch hinauf zu treiben und wir wüßten dann doch was wir hätten und wem das Land ge¬ hört!« »Ganz ſo meine ich auch und habe dem Steckleinſpringer eine ähnliche Antwort gegeben!« Sie ſchwiegen eine Weile, dann fing Manz wiederum an: »Schad' iſt es aber doch, daß der gute Boden ſo daliegen muß, es iſt nicht zum Anſehen, das geht nun ſchon in die zwan¬ zig Jahre ſo und keine Seele fragt darnach; denn hier im Dorf iſt Niemand, der irgend ei¬ nen Anſpruch auf den Acker hat, und Niemand

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/227>, abgerufen am 24.11.2024.