auf stoßen; so wie es aber von Einem began¬ gen ist, sind die Übrigen froh, daß sie es doch nicht gewesen sind, daß die Versuchung nicht sie betroffen hat, und sie machen nun den Auserwähl¬ ten zu dem Schlechtigkeitsmesser ihrer Eigenschaf¬ ten und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Übels, der von den Göttern gezeichnet ist, während ihnen zugleich noch der Mund wässert nach den Vortheilen, die er dabei genossen. Manz und Marti waren also die ein¬ zigen, welche ernstlich auf den Acker boten, und nach einem ziemlich hartnäckigen Überbieten erstand ihn Manz und er wurde ihm zugeschlagen. Die Beamten und die Gaffer verloren sich vom Felde, die beiden Bauern, welche sich auf ihren Äckern noch zu schaffen gemacht, trafen beim Weggehen wieder zusammen und Marti sagte: "Du wirst nun dein Land, das alte und das neue, wohl zusammenschlagen und in zwei gleiche Stücke theilen? Ich hätte es wenigstens so gemacht, wenn ich das Ding bekommen hätte." "Ich werde es allerdings auch thun" antwortete Manz, "denn als Ein Acker würde mir das Stück zu groß sein. Doch was ich sagen wollte: Ich
15 *
auf ſtoßen; ſo wie es aber von Einem began¬ gen iſt, ſind die Übrigen froh, daß ſie es doch nicht geweſen ſind, daß die Verſuchung nicht ſie betroffen hat, und ſie machen nun den Auserwähl¬ ten zu dem Schlechtigkeitsmeſſer ihrer Eigenſchaf¬ ten und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Übels, der von den Göttern gezeichnet iſt, während ihnen zugleich noch der Mund wäſſert nach den Vortheilen, die er dabei genoſſen. Manz und Marti waren alſo die ein¬ zigen, welche ernſtlich auf den Acker boten, und nach einem ziemlich hartnäckigen Überbieten erſtand ihn Manz und er wurde ihm zugeſchlagen. Die Beamten und die Gaffer verloren ſich vom Felde, die beiden Bauern, welche ſich auf ihren Äckern noch zu ſchaffen gemacht, trafen beim Weggehen wieder zuſammen und Marti ſagte: »Du wirſt nun dein Land, das alte und das neue, wohl zuſammenſchlagen und in zwei gleiche Stücke theilen? Ich hätte es wenigſtens ſo gemacht, wenn ich das Ding bekommen hätte.« »Ich werde es allerdings auch thun« antwortete Manz, »denn als Ein Acker würde mir das Stück zu groß ſein. Doch was ich ſagen wollte: Ich
15 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0239"n="227"/>
auf ſtoßen; ſo wie es aber von Einem began¬<lb/>
gen iſt, ſind die Übrigen froh, daß ſie es doch<lb/>
nicht geweſen ſind, daß die Verſuchung nicht ſie<lb/>
betroffen hat, und ſie machen nun den Auserwähl¬<lb/>
ten zu dem Schlechtigkeitsmeſſer ihrer Eigenſchaf¬<lb/>
ten und behandeln ihn mit zarter Scheu als<lb/>
einen Ableiter des Übels, der von den Göttern<lb/>
gezeichnet iſt, während ihnen zugleich noch der<lb/>
Mund wäſſert nach den Vortheilen, die er dabei<lb/>
genoſſen. Manz und Marti waren alſo die ein¬<lb/>
zigen, welche ernſtlich auf den Acker boten, und<lb/>
nach einem ziemlich hartnäckigen Überbieten erſtand<lb/>
ihn Manz und er wurde ihm zugeſchlagen. Die<lb/>
Beamten und die Gaffer verloren ſich vom Felde,<lb/>
die beiden Bauern, welche ſich auf ihren Äckern<lb/>
noch zu ſchaffen gemacht, trafen beim Weggehen<lb/>
wieder zuſammen und Marti ſagte: »Du wirſt<lb/>
nun dein Land, das alte und das neue, wohl<lb/>
zuſammenſchlagen und in zwei gleiche Stücke<lb/>
theilen? Ich hätte es wenigſtens ſo gemacht,<lb/>
wenn ich das Ding bekommen hätte.« »Ich<lb/>
werde es allerdings auch thun« antwortete Manz,<lb/>
»denn als Ein Acker würde mir das Stück zu<lb/>
groß ſein. Doch was ich ſagen wollte: Ich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">15 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[227/0239]
auf ſtoßen; ſo wie es aber von Einem began¬
gen iſt, ſind die Übrigen froh, daß ſie es doch
nicht geweſen ſind, daß die Verſuchung nicht ſie
betroffen hat, und ſie machen nun den Auserwähl¬
ten zu dem Schlechtigkeitsmeſſer ihrer Eigenſchaf¬
ten und behandeln ihn mit zarter Scheu als
einen Ableiter des Übels, der von den Göttern
gezeichnet iſt, während ihnen zugleich noch der
Mund wäſſert nach den Vortheilen, die er dabei
genoſſen. Manz und Marti waren alſo die ein¬
zigen, welche ernſtlich auf den Acker boten, und
nach einem ziemlich hartnäckigen Überbieten erſtand
ihn Manz und er wurde ihm zugeſchlagen. Die
Beamten und die Gaffer verloren ſich vom Felde,
die beiden Bauern, welche ſich auf ihren Äckern
noch zu ſchaffen gemacht, trafen beim Weggehen
wieder zuſammen und Marti ſagte: »Du wirſt
nun dein Land, das alte und das neue, wohl
zuſammenſchlagen und in zwei gleiche Stücke
theilen? Ich hätte es wenigſtens ſo gemacht,
wenn ich das Ding bekommen hätte.« »Ich
werde es allerdings auch thun« antwortete Manz,
»denn als Ein Acker würde mir das Stück zu
groß ſein. Doch was ich ſagen wollte: Ich
15 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/239>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.