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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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diesem Alter gewesen war, und dieses flößte dem¬
selben eine unwillkürliche Achtung vor dem Sohne
ein, in welchem er mit verwirrtem Gewissen
und gepeinigter Erinnerung seine eigene Jugend
achtete. Trotz dieser Freiheit, welche Sali ge¬
noß, ward er seines Lebens doch nicht froh und
fühlte wohl, wie er nichts Rechtes vor sich hatte
und eben so wenig etwas Rechtes lernte, da
von einem zusammenhängenden und vernunftge¬
mäßen Arbeiten in Manzens Hause längst nicht
mehr die Rede war. Sein einziger Trost war
daher, stolz auf seine Unabhängigkeit und einst¬
weilige Unbescholtenheit zu sein, und in diesem
Stolze ließ er die Tage trotzig verstreichen und
wandte die Augen von der Zukunft ab.

Der einzige Zwang, dem er unterworfen,
war die Feindschaft seines Vaters gegen Alles,
was Marti hieß und an diesen erinnerte. Doch
wußte er nichts besseres, als daß Marti seinem
Vater Schaden zugefügt und daß man in dessen
Hause eben so feindlich gesinnt sei, und es fiel
ihm daher nicht schwer, weder den Marti noch
seine Tochter anzusehen und seinerseits auch einen
angehenden ziemlich gleichgültigen Feind vorzu¬

dieſem Alter geweſen war, und dieſes flößte dem¬
ſelben eine unwillkürliche Achtung vor dem Sohne
ein, in welchem er mit verwirrtem Gewiſſen
und gepeinigter Erinnerung ſeine eigene Jugend
achtete. Trotz dieſer Freiheit, welche Sali ge¬
noß, ward er ſeines Lebens doch nicht froh und
fühlte wohl, wie er nichts Rechtes vor ſich hatte
und eben ſo wenig etwas Rechtes lernte, da
von einem zuſammenhängenden und vernunftge¬
mäßen Arbeiten in Manzens Hauſe längſt nicht
mehr die Rede war. Sein einziger Troſt war
daher, ſtolz auf ſeine Unabhängigkeit und einſt¬
weilige Unbeſcholtenheit zu ſein, und in dieſem
Stolze ließ er die Tage trotzig verſtreichen und
wandte die Augen von der Zukunft ab.

Der einzige Zwang, dem er unterworfen,
war die Feindſchaft ſeines Vaters gegen Alles,
was Marti hieß und an dieſen erinnerte. Doch
wußte er nichts beſſeres, als daß Marti ſeinem
Vater Schaden zugefügt und daß man in deſſen
Hauſe eben ſo feindlich geſinnt ſei, und es fiel
ihm daher nicht ſchwer, weder den Marti noch
ſeine Tochter anzuſehen und ſeinerſeits auch einen
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[242/0254] dieſem Alter geweſen war, und dieſes flößte dem¬ ſelben eine unwillkürliche Achtung vor dem Sohne ein, in welchem er mit verwirrtem Gewiſſen und gepeinigter Erinnerung ſeine eigene Jugend achtete. Trotz dieſer Freiheit, welche Sali ge¬ noß, ward er ſeines Lebens doch nicht froh und fühlte wohl, wie er nichts Rechtes vor ſich hatte und eben ſo wenig etwas Rechtes lernte, da von einem zuſammenhängenden und vernunftge¬ mäßen Arbeiten in Manzens Hauſe längſt nicht mehr die Rede war. Sein einziger Troſt war daher, ſtolz auf ſeine Unabhängigkeit und einſt¬ weilige Unbeſcholtenheit zu ſein, und in dieſem Stolze ließ er die Tage trotzig verſtreichen und wandte die Augen von der Zukunft ab. Der einzige Zwang, dem er unterworfen, war die Feindſchaft ſeines Vaters gegen Alles, was Marti hieß und an dieſen erinnerte. Doch wußte er nichts beſſeres, als daß Marti ſeinem Vater Schaden zugefügt und daß man in deſſen Hauſe eben ſo feindlich geſinnt ſei, und es fiel ihm daher nicht ſchwer, weder den Marti noch ſeine Tochter anzuſehen und ſeinerſeits auch einen angehenden ziemlich gleichgültigen Feind vorzu¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/254>, abgerufen am 24.11.2024.