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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Tracht Kartoffeln oder Kraut, und das übrige
fortwuchern oder verfaulen zu lassen, wie es
mochte. Auch lief jedermann darin herum wie
es ihm gefiel und das schöne breite Stück Feld
sah beinahe so aus, wie einst der herrenlose
Acker, von dem alles Unheil herkam. Desnahen
war um das Haus nicht eine Spur von Acker¬
wirthschaft zu sehen. Der Stall war leer, die
Thüre hing nur in einer Angel und unzählige
Kreuzspinnen, den Sommer hindurch halb groß
geworden, ließen ihre Fäden in der Sonne glän¬
zen vor dem dunklen Eingang. An dem offen
stehenden Scheunenthor, wo einst die Früchte des
festen Landes eingefahren, hing schlechtes Fischer¬
geräthe, zum Zeugniß der verkehrten Wasser¬
pfuscherei; auf dem Hofe war nicht ein Huhn
und nicht eine Taube, weder Katze noch Hund
zu sehen, nur der Brunnen war noch als etwas
Lebendiges da, aber er floß nicht mehr durch die
Röhre, sondern sprang durch einen Riß nahe
am Boden über diesen hin und setzte überall
kleine Tümpel an, so daß er das beste Sinn¬
bild der Faulheit abgab. Denn während mit
wenig Mühe des Vaters das Loch zu verstopfen

Tracht Kartoffeln oder Kraut, und das übrige
fortwuchern oder verfaulen zu laſſen, wie es
mochte. Auch lief jedermann darin herum wie
es ihm gefiel und das ſchöne breite Stück Feld
ſah beinahe ſo aus, wie einſt der herrenloſe
Acker, von dem alles Unheil herkam. Desnahen
war um das Haus nicht eine Spur von Acker¬
wirthſchaft zu ſehen. Der Stall war leer, die
Thüre hing nur in einer Angel und unzählige
Kreuzſpinnen, den Sommer hindurch halb groß
geworden, ließen ihre Fäden in der Sonne glän¬
zen vor dem dunklen Eingang. An dem offen
ſtehenden Scheunenthor, wo einſt die Früchte des
feſten Landes eingefahren, hing ſchlechtes Fiſcher¬
geräthe, zum Zeugniß der verkehrten Waſſer¬
pfuſcherei; auf dem Hofe war nicht ein Huhn
und nicht eine Taube, weder Katze noch Hund
zu ſehen, nur der Brunnen war noch als etwas
Lebendiges da, aber er floß nicht mehr durch die
Röhre, ſondern ſprang durch einen Riß nahe
am Boden über dieſen hin und ſetzte überall
kleine Tümpel an, ſo daß er das beſte Sinn¬
bild der Faulheit abgab. Denn während mit
wenig Mühe des Vaters das Loch zu verſtopfen

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[268/0280] Tracht Kartoffeln oder Kraut, und das übrige fortwuchern oder verfaulen zu laſſen, wie es mochte. Auch lief jedermann darin herum wie es ihm gefiel und das ſchöne breite Stück Feld ſah beinahe ſo aus, wie einſt der herrenloſe Acker, von dem alles Unheil herkam. Desnahen war um das Haus nicht eine Spur von Acker¬ wirthſchaft zu ſehen. Der Stall war leer, die Thüre hing nur in einer Angel und unzählige Kreuzſpinnen, den Sommer hindurch halb groß geworden, ließen ihre Fäden in der Sonne glän¬ zen vor dem dunklen Eingang. An dem offen ſtehenden Scheunenthor, wo einſt die Früchte des feſten Landes eingefahren, hing ſchlechtes Fiſcher¬ geräthe, zum Zeugniß der verkehrten Waſſer¬ pfuſcherei; auf dem Hofe war nicht ein Huhn und nicht eine Taube, weder Katze noch Hund zu ſehen, nur der Brunnen war noch als etwas Lebendiges da, aber er floß nicht mehr durch die Röhre, ſondern ſprang durch einen Riß nahe am Boden über dieſen hin und ſetzte überall kleine Tümpel an, ſo daß er das beſte Sinn¬ bild der Faulheit abgab. Denn während mit wenig Mühe des Vaters das Loch zu verſtopfen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/280>, abgerufen am 27.11.2024.