Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.Traume erwacht. Beinahe taumelnd sprang er 2 *
Traume erwacht. Beinahe taumelnd ſprang er 2 *
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Traume erwacht. Beinahe taumelnd ſprang er
aus dem Wagen, der von ungefähr auf der
Mitte des Plätzchens ſtill hielt; doch ergriff er
die Löwenhaut und ſeinen Säbel und ging ſo¬
gleich ſicheren Schrittes in das Häuschen der
Wittwe, als ob er erſt vor einer Stunde aus
demſelben gegangen wäre. Die Mutter und
Eſtherchen ſahen dies voll Verwunderung und
Neugierde und horchten auf, ob der Fremde die
Treppe herauf käme; denn obgleich ſie kaum
noch von Pankrazius geſprochen, hatten ſie in
dieſem Augenblick keine Ahnung, daß er es ſein
könnte und ihre Gedanken waren von der über¬
raſchten Neugierde himmelweit von ihm weg¬
geführt. Doch urplötzlich erkannten ſie ihn an
der Art, wie er die oberſten Stufen überſprang
und über den kurzen Flur weg faſt gleichzeitig
die Klinke der Stubenthüre ergriff, nachdem er
wie der Blitz vorher den loſe ſteckenden Stuben¬
ſchlüſſel feſter in's Schloß geſtoßen, was ſonſt
immer die Art des Verſchwundenen geweſen, der
in ſeinem Müſſiggange eine ſeltſame Ordnungs¬
liebe bewährt hatte. Sie ſchrieen laut auf und
ſtanden feſtgebannt vor ihren Stühlen, mit offe¬
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Zitationshilfe: | Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/37>, abgerufen am 16.07.2024. |