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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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der weg. Da ich zugleich die Städte vermied
und meinen Arbeitsverkehr immer im freien Felde,
auf Bergen und in Wäldern betrieb, wo nur
ursprüngliche und einfache Menschen waren, so
reisete ich wirklich wie zu der Zeit der Patriar¬
chen. Ich sah nie eine Spur von dem Regiment
der Staaten, über deren Boden ich hinlief, und
mein einziges Denken war, über eben diesen
Boden wegzukommen, ohne zu betteln oder für
meine nöthige Leibesnahrung Jemandem verpflich¬
tet sein zu müssen, im Übrigen aber zu thun,
was ich wollte, und insbesondere zu ruhen, wenn
es mir gefiel, und zu wandern, wenn es mir
beliebte. Später habe ich freilich auch gelernt,
mich an eine feste außer mir liegende Ordnung
und an eine regelmäßige Ausdauer zu halten,
und wie ich erst urplötzlich arbeiten gelernt, lernte
ich auch dies sogleich ohne weitere Anstrengung,
sobald ich nur einmal eine erkleckliche Nothwen¬
digkeit einsah."

"Übrigens bekam mir dies Leben in der freien
Luft, bei der steten Abwechslung von schwerer
Arbeit, tüchtigem Essen und sorgloser Ruhe vor¬
trefflich und meine Glieder wurden so geübt, daß

der weg. Da ich zugleich die Städte vermied
und meinen Arbeitsverkehr immer im freien Felde,
auf Bergen und in Wäldern betrieb, wo nur
urſprüngliche und einfache Menſchen waren, ſo
reiſete ich wirklich wie zu der Zeit der Patriar¬
chen. Ich ſah nie eine Spur von dem Regiment
der Staaten, über deren Boden ich hinlief, und
mein einziges Denken war, über eben dieſen
Boden wegzukommen, ohne zu betteln oder für
meine nöthige Leibesnahrung Jemandem verpflich¬
tet ſein zu müſſen, im Übrigen aber zu thun,
was ich wollte, und insbeſondere zu ruhen, wenn
es mir gefiel, und zu wandern, wenn es mir
beliebte. Später habe ich freilich auch gelernt,
mich an eine feſte außer mir liegende Ordnung
und an eine regelmäßige Ausdauer zu halten,
und wie ich erſt urplötzlich arbeiten gelernt, lernte
ich auch dies ſogleich ohne weitere Anſtrengung,
ſobald ich nur einmal eine erkleckliche Nothwen¬
digkeit einſah.«

Ȇbrigens bekam mir dies Leben in der freien
Luft, bei der ſteten Abwechslung von ſchwerer
Arbeit, tüchtigem Eſſen und ſorgloſer Ruhe vor¬
trefflich und meine Glieder wurden ſo geübt, daß

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[39/0051] der weg. Da ich zugleich die Städte vermied und meinen Arbeitsverkehr immer im freien Felde, auf Bergen und in Wäldern betrieb, wo nur urſprüngliche und einfache Menſchen waren, ſo reiſete ich wirklich wie zu der Zeit der Patriar¬ chen. Ich ſah nie eine Spur von dem Regiment der Staaten, über deren Boden ich hinlief, und mein einziges Denken war, über eben dieſen Boden wegzukommen, ohne zu betteln oder für meine nöthige Leibesnahrung Jemandem verpflich¬ tet ſein zu müſſen, im Übrigen aber zu thun, was ich wollte, und insbeſondere zu ruhen, wenn es mir gefiel, und zu wandern, wenn es mir beliebte. Später habe ich freilich auch gelernt, mich an eine feſte außer mir liegende Ordnung und an eine regelmäßige Ausdauer zu halten, und wie ich erſt urplötzlich arbeiten gelernt, lernte ich auch dies ſogleich ohne weitere Anſtrengung, ſobald ich nur einmal eine erkleckliche Nothwen¬ digkeit einſah.« »Übrigens bekam mir dies Leben in der freien Luft, bei der ſteten Abwechslung von ſchwerer Arbeit, tüchtigem Eſſen und ſorgloſer Ruhe vor¬ trefflich und meine Glieder wurden ſo geübt, daß

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/51>, abgerufen am 21.11.2024.