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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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"Wir hoffen es, wenn das Wetter nicht ganz schlecht
wird."

"Und was das Heu betrifft, was gilt es denn gegen¬
wärtig?"

"Jetzt, eh' das neue Heu gemacht ist, steht es noch
hoch im Preise, denn das letzte Jahr war es unergiebig;
ich glaube, es hat vor acht Tagen noch über einen Thaler
gekostet. Es muß aber jetzt abschlagen."

"Verkauft Ihr auch von Euerem Heu, oder braucht
Ihr es selbst, oder müßt Ihr noch kaufen, da Ihr ein
Gasthaus führt?"

"In der Wirthschaft wird kein Heu, sondern fast nur
Hafer verfüttert; für unser Vieh aber brauchen wir das
Heu, und da ist es verschieden, das eine Jahr kommen
wir gerade aus, das andere müssen wir dazu kaufen, das
dritte reicht es so gut, daß wir etwas auf den Markt
bringen können; dies hängt von vielen Umständen ab,
besonders auch, wie die anderen Sachen und Kräuter
gerathen."

"Das läßt sich denken! Das läßt sich denken! Und
also über einen Thaler hat der Zentner Heu noch vor
acht Tagen gekostet?"

"Quälen Sie sich nun nicht länger, mein Herr!"
sagte die Schöne lächelnd, "und sagen Sie mir die
drolligen Dinge, die Ihnen auf der Zungenspitze sitzen,
ohne Umschweif! Ich kann einen Scherz ertragen und
weiß mich zu wehren!"

„Wir hoffen es, wenn das Wetter nicht ganz ſchlecht
wird.“

„Und was das Heu betrifft, was gilt es denn gegen¬
wärtig?“

„Jetzt, eh' das neue Heu gemacht iſt, ſteht es noch
hoch im Preiſe, denn das letzte Jahr war es unergiebig;
ich glaube, es hat vor acht Tagen noch über einen Thaler
gekoſtet. Es muß aber jetzt abſchlagen.“

„Verkauft Ihr auch von Euerem Heu, oder braucht
Ihr es ſelbſt, oder müßt Ihr noch kaufen, da Ihr ein
Gaſthaus führt?“

„In der Wirthſchaft wird kein Heu, ſondern faſt nur
Hafer verfüttert; für unſer Vieh aber brauchen wir das
Heu, und da iſt es verſchieden, das eine Jahr kommen
wir gerade aus, das andere müſſen wir dazu kaufen, das
dritte reicht es ſo gut, daß wir etwas auf den Markt
bringen können; dies hängt von vielen Umſtänden ab,
beſonders auch, wie die anderen Sachen und Kräuter
gerathen.“

„Das läßt ſich denken! Das läßt ſich denken! Und
alſo über einen Thaler hat der Zentner Heu noch vor
acht Tagen gekoſtet?“

„Quälen Sie ſich nun nicht länger, mein Herr!“
ſagte die Schöne lächelnd, „und ſagen Sie mir die
drolligen Dinge, die Ihnen auf der Zungenſpitze ſitzen,
ohne Umſchweif! Ich kann einen Scherz ertragen und
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[22/0032] „Wir hoffen es, wenn das Wetter nicht ganz ſchlecht wird.“ „Und was das Heu betrifft, was gilt es denn gegen¬ wärtig?“ „Jetzt, eh' das neue Heu gemacht iſt, ſteht es noch hoch im Preiſe, denn das letzte Jahr war es unergiebig; ich glaube, es hat vor acht Tagen noch über einen Thaler gekoſtet. Es muß aber jetzt abſchlagen.“ „Verkauft Ihr auch von Euerem Heu, oder braucht Ihr es ſelbſt, oder müßt Ihr noch kaufen, da Ihr ein Gaſthaus führt?“ „In der Wirthſchaft wird kein Heu, ſondern faſt nur Hafer verfüttert; für unſer Vieh aber brauchen wir das Heu, und da iſt es verſchieden, das eine Jahr kommen wir gerade aus, das andere müſſen wir dazu kaufen, das dritte reicht es ſo gut, daß wir etwas auf den Markt bringen können; dies hängt von vielen Umſtänden ab, beſonders auch, wie die anderen Sachen und Kräuter gerathen.“ „Das läßt ſich denken! Das läßt ſich denken! Und alſo über einen Thaler hat der Zentner Heu noch vor acht Tagen gekoſtet?“ „Quälen Sie ſich nun nicht länger, mein Herr!“ ſagte die Schöne lächelnd, „und ſagen Sie mir die drolligen Dinge, die Ihnen auf der Zungenſpitze ſitzen, ohne Umſchweif! Ich kann einen Scherz ertragen und weiß mich zu wehren!“

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/32>, abgerufen am 21.11.2024.