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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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Hausthür zugeflüstert, er solle seinem Don sagen, sie könne
ihm den Ort nennen, wo Se. Excellenz finde, was sie
suche; man möge nur, sobald es dunkel sei, einen Augen¬
blick in die Veranda hinter ihrem Hause kommen. Don
Correa verfehlte den Gang nicht und vernahm von der
muntern Alten, nachdem er ihr Verschwiegenheit und
Schutz zugesichert, daß seine Zambo vor unlanger Zeit
auf einem nach Marseille gehenden Schiffe ihres Mannes
in ein Kloster zu Cadix gebracht worden sei. Ueberdies
wußte sie, daß es sich darum handle, das Mädchen zu
einer Art von Wunderthäterin und Heiligen zu machen,
daß es widerstanden hatte, mit Blutrünstigkeiten Stirn
und Hände verzieren zu lassen und eine heilige Blut¬
schwitzerin zu werden; ja, der Alten war sogar bekannt,
daß dem bräunlichen Frauenzimmer ein Verlobungsring
vom Finger gestreift und weggenommen worden sei. Einen
Theil dieser Dinge hatte sie auf ganz geheimem Wege
durch eine Flamänderin erfahren, die in dem Kloster als
Bäckerin angestellt war und dir Alte bisweilen besuchte.

Don Correa erkannte sogleich die Wahrheit der An¬
gaben und dankte der Frau dafür, sie bittend, auch ihrer¬
seits die Sache geheim zu halten. Ein stiller Grimm
erfüllte ihn trotz seiner katholischen Gesinnung gegen die
Jesuiten, die offenbar von Afrika aus über seinen Kopf
hinweg die Hand im Spiele hatten, und nicht minder er¬
wachte sein Zorn gegen die verlogene Prälatin, seine
Muhme. Diese vermuthete in der That nicht mit Unrecht,

Hausthür zugeflüſtert, er ſolle ſeinem Don ſagen, ſie könne
ihm den Ort nennen, wo Se. Excellenz finde, was ſie
ſuche; man möge nur, ſobald es dunkel ſei, einen Augen¬
blick in die Veranda hinter ihrem Hauſe kommen. Don
Correa verfehlte den Gang nicht und vernahm von der
muntern Alten, nachdem er ihr Verſchwiegenheit und
Schutz zugeſichert, daß ſeine Zambo vor unlanger Zeit
auf einem nach Marſeille gehenden Schiffe ihres Mannes
in ein Kloſter zu Cadix gebracht worden ſei. Ueberdies
wußte ſie, daß es ſich darum handle, das Mädchen zu
einer Art von Wunderthäterin und Heiligen zu machen,
daß es widerſtanden hatte, mit Blutrünſtigkeiten Stirn
und Hände verzieren zu laſſen und eine heilige Blut¬
ſchwitzerin zu werden; ja, der Alten war ſogar bekannt,
daß dem bräunlichen Frauenzimmer ein Verlobungsring
vom Finger geſtreift und weggenommen worden ſei. Einen
Theil dieſer Dinge hatte ſie auf ganz geheimem Wege
durch eine Flamänderin erfahren, die in dem Kloſter als
Bäckerin angeſtellt war und dir Alte bisweilen beſuchte.

Don Correa erkannte ſogleich die Wahrheit der An¬
gaben und dankte der Frau dafür, ſie bittend, auch ihrer¬
ſeits die Sache geheim zu halten. Ein ſtiller Grimm
erfüllte ihn trotz ſeiner katholiſchen Geſinnung gegen die
Jeſuiten, die offenbar von Afrika aus über ſeinen Kopf
hinweg die Hand im Spiele hatten, und nicht minder er¬
wachte ſein Zorn gegen die verlogene Prälatin, ſeine
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[327/0337] Hausthür zugeflüſtert, er ſolle ſeinem Don ſagen, ſie könne ihm den Ort nennen, wo Se. Excellenz finde, was ſie ſuche; man möge nur, ſobald es dunkel ſei, einen Augen¬ blick in die Veranda hinter ihrem Hauſe kommen. Don Correa verfehlte den Gang nicht und vernahm von der muntern Alten, nachdem er ihr Verſchwiegenheit und Schutz zugeſichert, daß ſeine Zambo vor unlanger Zeit auf einem nach Marſeille gehenden Schiffe ihres Mannes in ein Kloſter zu Cadix gebracht worden ſei. Ueberdies wußte ſie, daß es ſich darum handle, das Mädchen zu einer Art von Wunderthäterin und Heiligen zu machen, daß es widerſtanden hatte, mit Blutrünſtigkeiten Stirn und Hände verzieren zu laſſen und eine heilige Blut¬ ſchwitzerin zu werden; ja, der Alten war ſogar bekannt, daß dem bräunlichen Frauenzimmer ein Verlobungsring vom Finger geſtreift und weggenommen worden ſei. Einen Theil dieſer Dinge hatte ſie auf ganz geheimem Wege durch eine Flamänderin erfahren, die in dem Kloſter als Bäckerin angeſtellt war und dir Alte bisweilen beſuchte. Don Correa erkannte ſogleich die Wahrheit der An¬ gaben und dankte der Frau dafür, ſie bittend, auch ihrer¬ ſeits die Sache geheim zu halten. Ein ſtiller Grimm erfüllte ihn trotz ſeiner katholiſchen Geſinnung gegen die Jeſuiten, die offenbar von Afrika aus über ſeinen Kopf hinweg die Hand im Spiele hatten, und nicht minder er¬ wachte ſein Zorn gegen die verlogene Prälatin, ſeine Muhme. Dieſe vermuthete in der That nicht mit Unrecht,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/337>, abgerufen am 22.11.2024.