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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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Von den Werkzeugen der Sprache.
drückens eine bald weitere bald engere Oeffnung,
folglich auch eine bald wenigere, bald mehrere An-
spannung der Ränder entsteht.

§. 47.

Diese kleine kaum den zehnten Theil eines
Zolles betragende Oeffnung ist einer fast unglaubli-
chen Zahl von Veränderung fähig. Wenn man von
zwey vollkommen gleichdicken und auch gleichge-
spannten und daher gleichtönigen Saiten die eine
nur um den zweytausendsten Theil höher spannet,
so wird ein geübtes Ohr eine Diskordanz wahrneh-
men. Nun nehmen Einige an, daß eine gute Stim-
me den Zwischenraum von einem ganzen Ton zum
anderen in hundert Stufen theilen kann. Jst dieses,
so wird bey einer gemeinen Stimme, die gewöhn-
lich 12 Töne hat, der Durchmesser der Stimmri-
tze, das ist Zoll in 1,200 Theile getheilt, ja
wenn man betrachtet, daß hierbey eine jede der
zwey Stimmhäutchen ihre eigene Veränderungen für
sich macht, so müßte man die obige Zahl verdop-
peln, nämlich auf 2400. Hieraus folgte, daß ein

ganzer
F 4

Von den Werkzeugen der Sprache.
druͤckens eine bald weitere bald engere Oeffnung,
folglich auch eine bald wenigere, bald mehrere An-
ſpannung der Raͤnder entſteht.

§. 47.

Dieſe kleine kaum den zehnten Theil eines
Zolles betragende Oeffnung iſt einer faſt unglaubli-
chen Zahl von Veraͤnderung faͤhig. Wenn man von
zwey vollkommen gleichdicken und auch gleichge-
ſpannten und daher gleichtoͤnigen Saiten die eine
nur um den zweytauſendſten Theil hoͤher ſpannet,
ſo wird ein geuͤbtes Ohr eine Diſkordanz wahrneh-
men. Nun nehmen Einige an, daß eine gute Stim-
me den Zwiſchenraum von einem ganzen Ton zum
anderen in hundert Stufen theilen kann. Jſt dieſes,
ſo wird bey einer gemeinen Stimme, die gewoͤhn-
lich 12 Toͤne hat, der Durchmeſſer der Stimmri-
tze, das iſt ⅒ Zoll in 1,200 Theile getheilt, ja
wenn man betrachtet, daß hierbey eine jede der
zwey Stimmhaͤutchen ihre eigene Veraͤnderungen fuͤr
ſich macht, ſo muͤßte man die obige Zahl verdop-
peln, naͤmlich auf 2400. Hieraus folgte, daß ein

ganzer
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[87/0119] Von den Werkzeugen der Sprache. druͤckens eine bald weitere bald engere Oeffnung, folglich auch eine bald wenigere, bald mehrere An- ſpannung der Raͤnder entſteht. §. 47. Dieſe kleine kaum den zehnten Theil eines Zolles betragende Oeffnung iſt einer faſt unglaubli- chen Zahl von Veraͤnderung faͤhig. Wenn man von zwey vollkommen gleichdicken und auch gleichge- ſpannten und daher gleichtoͤnigen Saiten die eine nur um den zweytauſendſten Theil hoͤher ſpannet, ſo wird ein geuͤbtes Ohr eine Diſkordanz wahrneh- men. Nun nehmen Einige an, daß eine gute Stim- me den Zwiſchenraum von einem ganzen Ton zum anderen in hundert Stufen theilen kann. Jſt dieſes, ſo wird bey einer gemeinen Stimme, die gewoͤhn- lich 12 Toͤne hat, der Durchmeſſer der Stimmri- tze, das iſt ⅒ Zoll in 1,200 Theile getheilt, ja wenn man betrachtet, daß hierbey eine jede der zwey Stimmhaͤutchen ihre eigene Veraͤnderungen fuͤr ſich macht, ſo muͤßte man die obige Zahl verdop- peln, naͤmlich auf 2400. Hieraus folgte, daß ein ganzer F 4

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/119>, abgerufen am 23.11.2024.