Mund ziemlich offen ist, bey den anderen muß man das Gefühl zu Hülfe nehmen. Man legt den Finger auf die Gurgel, auf den sogenanten Adamsapfel (Larynx) dann spricht man die zwey voneinander entferntesten aus, nämlich U und I. Man wird füh- len, wie sich dieser Knorpel, mit dem die Wurzel der Zunge genau zusammenhanget, mit derselben bald hebt, bald wieder nieder läßt, je nachdem die Zunge den Kanal erweitert oder verengert.
§. 110.
Noch muß ich bey den Selbstlautern eine kleine Bemerkung hinzusetzen, die etwan Stoff zu fernerem Nachdenken geben könnte. Mir scheint, wenn ich verschiedene Selbstlauter auch in dem nämlichen Ton ausspreche, so haben sie doch so etwas an sich, das mein Ohr täuscht, und mich glauben läßt, als lä- ge eine Melodie darin, die doch, wie ich gar wohl weiß, durch nichts anderes als die Verände- rung der Töne in höhere oder tiefere hervorgebracht werden kann. Wenn ich Tab. X. fig. 3. eine Rei- he derselben in einem gewissen von meinem Maß-
stab
IV. Abtheilung.
Mund ziemlich offen iſt, bey den anderen muß man das Gefuͤhl zu Huͤlfe nehmen. Man legt den Finger auf die Gurgel, auf den ſogenanten Adamsapfel (Larynx) dann ſpricht man die zwey voneinander entfernteſten aus, naͤmlich U und I. Man wird fuͤh- len, wie ſich dieſer Knorpel, mit dem die Wurzel der Zunge genau zuſammenhanget, mit derſelben bald hebt, bald wieder nieder laͤßt, je nachdem die Zunge den Kanal erweitert oder verengert.
§. 110.
Noch muß ich bey den Selbſtlautern eine kleine Bemerkung hinzuſetzen, die etwan Stoff zu fernerem Nachdenken geben koͤnnte. Mir ſcheint, wenn ich verſchiedene Selbſtlauter auch in dem naͤmlichen Ton ausſpreche, ſo haben ſie doch ſo etwas an ſich, das mein Ohr taͤuſcht, und mich glauben laͤßt, als laͤ- ge eine Melodie darin, die doch, wie ich gar wohl weiß, durch nichts anderes als die Veraͤnde- rung der Toͤne in hoͤhere oder tiefere hervorgebracht werden kann. Wenn ich Tab. X. fig. 3. eine Rei- he derſelben in einem gewiſſen von meinem Maß-
ſtab
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0244"n="196"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
Mund ziemlich offen iſt, bey den anderen muß man<lb/>
das Gefuͤhl zu Huͤlfe nehmen. Man legt den Finger<lb/>
auf die Gurgel, auf den ſogenanten Adamsapfel<lb/>
(<hirendition="#aq">Larynx</hi>) dann ſpricht man die zwey voneinander<lb/>
entfernteſten aus, naͤmlich <hirendition="#aq">U</hi> und <hirendition="#aq">I</hi>. Man wird fuͤh-<lb/>
len, wie ſich dieſer Knorpel, mit dem die Wurzel<lb/>
der Zunge genau zuſammenhanget, mit derſelben<lb/>
bald hebt, bald wieder nieder laͤßt, je nachdem die<lb/>
Zunge den Kanal erweitert oder verengert.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 110.</head><lb/><p>Noch muß ich bey den Selbſtlautern eine kleine<lb/>
Bemerkung hinzuſetzen, die etwan Stoff zu fernerem<lb/>
Nachdenken geben koͤnnte. Mir ſcheint, wenn ich<lb/>
verſchiedene Selbſtlauter auch in dem naͤmlichen Ton<lb/>
ausſpreche, ſo haben ſie doch ſo etwas an ſich, das<lb/>
mein Ohr taͤuſcht, und mich glauben laͤßt, als laͤ-<lb/>
ge eine Melodie darin, die doch, wie ich gar<lb/>
wohl weiß, durch nichts anderes als die Veraͤnde-<lb/>
rung der Toͤne in hoͤhere oder tiefere hervorgebracht<lb/>
werden kann. Wenn ich <hirendition="#aq">Tab. X. fig. 3.</hi> eine Rei-<lb/>
he derſelben in einem gewiſſen von meinem Maß-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtab</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[196/0244]
IV. Abtheilung.
Mund ziemlich offen iſt, bey den anderen muß man
das Gefuͤhl zu Huͤlfe nehmen. Man legt den Finger
auf die Gurgel, auf den ſogenanten Adamsapfel
(Larynx) dann ſpricht man die zwey voneinander
entfernteſten aus, naͤmlich U und I. Man wird fuͤh-
len, wie ſich dieſer Knorpel, mit dem die Wurzel
der Zunge genau zuſammenhanget, mit derſelben
bald hebt, bald wieder nieder laͤßt, je nachdem die
Zunge den Kanal erweitert oder verengert.
§. 110.
Noch muß ich bey den Selbſtlautern eine kleine
Bemerkung hinzuſetzen, die etwan Stoff zu fernerem
Nachdenken geben koͤnnte. Mir ſcheint, wenn ich
verſchiedene Selbſtlauter auch in dem naͤmlichen Ton
ausſpreche, ſo haben ſie doch ſo etwas an ſich, das
mein Ohr taͤuſcht, und mich glauben laͤßt, als laͤ-
ge eine Melodie darin, die doch, wie ich gar
wohl weiß, durch nichts anderes als die Veraͤnde-
rung der Toͤne in hoͤhere oder tiefere hervorgebracht
werden kann. Wenn ich Tab. X. fig. 3. eine Rei-
he derſelben in einem gewiſſen von meinem Maß-
ſtab
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/244>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.