Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abtheilung.
umgekehrt gebraucht. Hier ist die Zunge das, was
bey dem wahren R der Gaumen ist, nämlich der
still stehende Theil, und dagegen vertritt der weiche
Gaumen die Stelle der Zunge, und wird der zitt-
rende, vibrirende Theil; aber, wie schon gesagt
ist worden, so läßt sich in der Sprache nicht so
leicht ein Werkzeug mit dem anderen verwechseln,
ohne daß es das Ohr gleich merken sollte. Aber
dieses Schnarren hat auch seine Grade. Einige
schnarren auf eine ganz ausschweifende Art, Eini-
ge hingegen wissen es so gut zu mäßigen, und das
wahre R so gut nachzuahmen, daß man es ohne
besonderer Aufmerksamkeit kaum unterscheidet(*).

Man-
spitze auch noch so dick seyn, so bleibt doch der hinte-
re Theil in Vergleich immer noch viel dicker, und alle-
mahl zu Vibrationen ungeschickt. Es kann also nur
der weiche Gaumen zittern. So hat Amman sich zu-
weilen in seinen Beobachtungen geirret. Dennoch aber
behauptet er bey mir unter allen mir bekannten Schrift-
stellern, die von diesem Gegenstande geschrieben haben,
immer den Vorzug, weil die meisten seiner Bemerkun-
gen richtiger, und bestimmter als bey Anderen angege-
ben sind.
(*) Jn Paris schien es mir, als wenn wenigstens

IV. Abtheilung.
umgekehrt gebraucht. Hier iſt die Zunge das, was
bey dem wahren R der Gaumen iſt, naͤmlich der
ſtill ſtehende Theil, und dagegen vertritt der weiche
Gaumen die Stelle der Zunge, und wird der zitt-
rende, vibrirende Theil; aber, wie ſchon geſagt
iſt worden, ſo laͤßt ſich in der Sprache nicht ſo
leicht ein Werkzeug mit dem anderen verwechſeln,
ohne daß es das Ohr gleich merken ſollte. Aber
dieſes Schnarren hat auch ſeine Grade. Einige
ſchnarren auf eine ganz ausſchweifende Art, Eini-
ge hingegen wiſſen es ſo gut zu maͤßigen, und das
wahre R ſo gut nachzuahmen, daß man es ohne
beſonderer Aufmerkſamkeit kaum unterſcheidet(*).

Man-
ſpitze auch noch ſo dick ſeyn, ſo bleibt doch der hinte-
re Theil in Vergleich immer noch viel dicker, und alle-
mahl zu Vibrationen ungeſchickt. Es kann alſo nur
der weiche Gaumen zittern. So hat Amman ſich zu-
weilen in ſeinen Beobachtungen geirret. Dennoch aber
behauptet er bey mir unter allen mir bekannten Schrift-
ſtellern, die von dieſem Gegenſtande geſchrieben haben,
immer den Vorzug, weil die meiſten ſeiner Bemerkun-
gen richtiger, und beſtimmter als bey Anderen angege-
ben ſind.
(*) Jn Paris ſchien es mir, als wenn wenigſtens
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0392" n="330"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
umgekehrt gebraucht. Hier i&#x017F;t die Zunge das, was<lb/>
bey dem wahren <hi rendition="#aq">R</hi> der Gaumen i&#x017F;t, na&#x0364;mlich der<lb/>
&#x017F;till &#x017F;tehende Theil, und dagegen vertritt der weiche<lb/>
Gaumen die Stelle der Zunge, und wird der zitt-<lb/>
rende, vibrirende Theil; aber, wie &#x017F;chon ge&#x017F;agt<lb/>
i&#x017F;t worden, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich in der Sprache nicht &#x017F;o<lb/>
leicht ein Werkzeug mit dem anderen verwech&#x017F;eln,<lb/>
ohne daß es das Ohr gleich merken &#x017F;ollte. Aber<lb/>
die&#x017F;es Schnarren hat auch &#x017F;eine Grade. Einige<lb/>
&#x017F;chnarren auf eine ganz aus&#x017F;chweifende Art, Eini-<lb/>
ge hingegen wi&#x017F;&#x017F;en es &#x017F;o gut zu ma&#x0364;ßigen, und das<lb/>
wahre <hi rendition="#aq">R</hi> &#x017F;o gut nachzuahmen, daß man es ohne<lb/>
be&#x017F;onderer Aufmerk&#x017F;amkeit kaum unter&#x017F;cheidet<note xml:id="seg2pn_22_1" next="#seg2pn_22_2" place="foot" n="(*)">Jn Paris &#x017F;chien es mir, als wenn wenig&#x017F;tens</note>.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Man-</fw><lb/>
              <p>
                <note xml:id="seg2pn_21_2" prev="#seg2pn_21_1" place="foot" n="(*)">&#x017F;pitze auch noch &#x017F;o dick &#x017F;eyn, &#x017F;o bleibt doch der hinte-<lb/>
re Theil in Vergleich immer noch viel dicker, und alle-<lb/>
mahl zu Vibrationen unge&#x017F;chickt. Es kann al&#x017F;o nur<lb/>
der weiche Gaumen zittern. So hat Amman &#x017F;ich zu-<lb/>
weilen in &#x017F;einen Beobachtungen geirret. Dennoch aber<lb/>
behauptet er bey mir unter allen mir bekannten Schrift-<lb/>
&#x017F;tellern, die von die&#x017F;em Gegen&#x017F;tande ge&#x017F;chrieben haben,<lb/>
immer den Vorzug, weil die mei&#x017F;ten &#x017F;einer Bemerkun-<lb/>
gen richtiger, und be&#x017F;timmter als bey Anderen angege-<lb/>
ben &#x017F;ind.</note>
              </p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0392] IV. Abtheilung. umgekehrt gebraucht. Hier iſt die Zunge das, was bey dem wahren R der Gaumen iſt, naͤmlich der ſtill ſtehende Theil, und dagegen vertritt der weiche Gaumen die Stelle der Zunge, und wird der zitt- rende, vibrirende Theil; aber, wie ſchon geſagt iſt worden, ſo laͤßt ſich in der Sprache nicht ſo leicht ein Werkzeug mit dem anderen verwechſeln, ohne daß es das Ohr gleich merken ſollte. Aber dieſes Schnarren hat auch ſeine Grade. Einige ſchnarren auf eine ganz ausſchweifende Art, Eini- ge hingegen wiſſen es ſo gut zu maͤßigen, und das wahre R ſo gut nachzuahmen, daß man es ohne beſonderer Aufmerkſamkeit kaum unterſcheidet (*). Man- (*) (*) Jn Paris ſchien es mir, als wenn wenigſtens (*) ſpitze auch noch ſo dick ſeyn, ſo bleibt doch der hinte- re Theil in Vergleich immer noch viel dicker, und alle- mahl zu Vibrationen ungeſchickt. Es kann alſo nur der weiche Gaumen zittern. So hat Amman ſich zu- weilen in ſeinen Beobachtungen geirret. Dennoch aber behauptet er bey mir unter allen mir bekannten Schrift- ſtellern, die von dieſem Gegenſtande geſchrieben haben, immer den Vorzug, weil die meiſten ſeiner Bemerkun- gen richtiger, und beſtimmter als bey Anderen angege- ben ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/392
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/392>, abgerufen am 23.11.2024.