Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.Von der Sprache überhaupt. das wir bezeichnen wollen, dann stellen wir Hand-lungen durch Geberden vor, die wir mit diesem Dinge verbinden wollen, anstatt der Beywörter haben wir allgemein bekannte Modifikationszeichen, und so erhalten wir ganze allen Menschen verständ- liche Redensarten. Freylich kömmt es bey den Din- gen, die wir mit den Fingern zeigen wollen, im- mer darauf an, ob wir sie auch eben an der Hand haben. Wenn von Thieren die Rede ist, so geht es leichter, weil wir eine Menge derselben durch das bloße Nachahmen ihres Geschreyes bezeichnen können, z. B. einen Ochsen durch Muuu, ein Schaaf durch Meee, eine Taube durch Kukuru- ku, einen Frosch durch Kwakwakwa u. s. f.(*) Bey Bezeichnung der Handlungen stellen wir diese oder jene so vor, als wenn wir sie eben vollbräch- ten. Wenn wir essen oder trinken sagen wollen, so kauen wir, als hätten wir etwas im Munde, oder wir schlürfen aus unsrer hohlen Hand. Auf gleiche (*) De Brosses sagt: Ein Wilder würde, wenn er
eine Flinte nennen wollte, gewiß pouh sagen. Wenn man einen gewissen Vogel bezeichnen will, so sagt man Kuku, weil dieser Vogel diesen Laut von sich gibt. Von der Sprache uͤberhaupt. das wir bezeichnen wollen, dann ſtellen wir Hand-lungen durch Geberden vor, die wir mit dieſem Dinge verbinden wollen, anſtatt der Beywoͤrter haben wir allgemein bekannte Modifikationszeichen, und ſo erhalten wir ganze allen Menſchen verſtaͤnd- liche Redensarten. Freylich koͤmmt es bey den Din- gen, die wir mit den Fingern zeigen wollen, im- mer darauf an, ob wir ſie auch eben an der Hand haben. Wenn von Thieren die Rede iſt, ſo geht es leichter, weil wir eine Menge derſelben durch das bloße Nachahmen ihres Geſchreyes bezeichnen koͤnnen, z. B. einen Ochſen durch Mu̅u̅u̅, ein Schaaf durch M̅e̅e̅e, eine Taube durch Kukuru- ku, einen Froſch durch Kwakwakwa u. ſ. f.(*) Bey Bezeichnung der Handlungen ſtellen wir dieſe oder jene ſo vor, als wenn wir ſie eben vollbraͤch- ten. Wenn wir eſſen oder trinken ſagen wollen, ſo kauen wir, als haͤtten wir etwas im Munde, oder wir ſchluͤrfen aus unſrer hohlen Hand. Auf gleiche (*) De Broſſes ſagt: Ein Wilder wuͤrde, wenn er
eine Flinte nennen wollte, gewiß pouh ſagen. Wenn man einen gewiſſen Vogel bezeichnen will, ſo ſagt man Kuku, weil dieſer Vogel dieſen Laut von ſich gibt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0043" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Sprache uͤberhaupt</hi>.</fw><lb/> das wir bezeichnen wollen, dann ſtellen wir Hand-<lb/> lungen durch Geberden vor, die wir mit dieſem<lb/> Dinge verbinden wollen, anſtatt der Beywoͤrter<lb/> haben wir allgemein bekannte Modifikationszeichen,<lb/> und ſo erhalten wir ganze allen Menſchen verſtaͤnd-<lb/> liche Redensarten. Freylich koͤmmt es bey den Din-<lb/> gen, die wir mit den Fingern zeigen wollen, im-<lb/> mer darauf an, ob wir ſie auch eben an der Hand<lb/> haben. Wenn von Thieren die Rede iſt, ſo geht<lb/> es leichter, weil wir eine Menge derſelben durch<lb/> das bloße Nachahmen ihres Geſchreyes bezeichnen<lb/> koͤnnen, z. B. einen Ochſen durch <hi rendition="#b">Mu̅u̅u̅</hi>, ein<lb/> Schaaf durch <hi rendition="#b">M̅e̅e̅e</hi>, eine Taube durch <hi rendition="#b">Kukuru-<lb/> ku</hi>, einen Froſch durch <hi rendition="#b">Kwakwakwa</hi> u. ſ. f.<note place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq">De Broſſes</hi> ſagt: Ein Wilder wuͤrde, wenn er<lb/> eine Flinte nennen wollte, gewiß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pouh</hi></hi> ſagen. Wenn<lb/> man einen gewiſſen Vogel bezeichnen will, ſo ſagt man<lb/> Kuku, weil dieſer Vogel dieſen Laut von ſich gibt.</note><lb/> Bey Bezeichnung der Handlungen ſtellen wir dieſe<lb/> oder jene ſo vor, als wenn wir ſie eben vollbraͤch-<lb/> ten. Wenn wir <hi rendition="#b">eſſen</hi> oder <hi rendition="#b">trinken</hi> ſagen wollen,<lb/> ſo kauen wir, als haͤtten wir etwas im Munde,<lb/> oder wir ſchluͤrfen aus unſrer hohlen Hand. Auf<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gleiche</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0043]
Von der Sprache uͤberhaupt.
das wir bezeichnen wollen, dann ſtellen wir Hand-
lungen durch Geberden vor, die wir mit dieſem
Dinge verbinden wollen, anſtatt der Beywoͤrter
haben wir allgemein bekannte Modifikationszeichen,
und ſo erhalten wir ganze allen Menſchen verſtaͤnd-
liche Redensarten. Freylich koͤmmt es bey den Din-
gen, die wir mit den Fingern zeigen wollen, im-
mer darauf an, ob wir ſie auch eben an der Hand
haben. Wenn von Thieren die Rede iſt, ſo geht
es leichter, weil wir eine Menge derſelben durch
das bloße Nachahmen ihres Geſchreyes bezeichnen
koͤnnen, z. B. einen Ochſen durch Mu̅u̅u̅, ein
Schaaf durch M̅e̅e̅e, eine Taube durch Kukuru-
ku, einen Froſch durch Kwakwakwa u. ſ. f. (*)
Bey Bezeichnung der Handlungen ſtellen wir dieſe
oder jene ſo vor, als wenn wir ſie eben vollbraͤch-
ten. Wenn wir eſſen oder trinken ſagen wollen,
ſo kauen wir, als haͤtten wir etwas im Munde,
oder wir ſchluͤrfen aus unſrer hohlen Hand. Auf
gleiche
(*) De Broſſes ſagt: Ein Wilder wuͤrde, wenn er
eine Flinte nennen wollte, gewiß pouh ſagen. Wenn
man einen gewiſſen Vogel bezeichnen will, ſo ſagt man
Kuku, weil dieſer Vogel dieſen Laut von ſich gibt.
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