Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.Von der Sprachmaschine. zog ich bald den Schluß, daß die Sprachlaute nurdurch das Verhältniß, das sie unter einander haben, recht kenntlich werden, und ihre volle Deutlichkeit erst in der Verbindung ganzer Wörter und Re- densarten erhalten(*) Zum wenigsten merkte ich schon, daß sie in meiner Maschine lägen, und es itzt nur darauf ankäme sie einzeln zu erhaschen, das ist, die Hand nach bestimmten Graden zu öffnen. Daß meine Maschine, so armselig sie auch noch gen- (*) So ist es auch bey den Tönen in der Musik.
Wenn ein Klavier um einen ganzen Ton niedriger als gewöhnlich gestimmt ist, und ich gebe auf demselben nur Einen Ton an, so wird man nicht kennen, daß es z. B. d seyn soll, man wird glauben, daß es ein e oder c wäre, wenn ich aber nur einen kurzen Lauf auf dem Jnstrumente mache, wird man ihn sogleich aus der Verbindung, und aus dem Verhältniße, das er mit anderen Tönen hat, erkennen. Von der Sprachmaſchine. zog ich bald den Schluß, daß die Sprachlaute nurdurch das Verhaͤltniß, das ſie unter einander haben, recht kenntlich werden, und ihre volle Deutlichkeit erſt in der Verbindung ganzer Woͤrter und Re- densarten erhalten(*) Zum wenigſten merkte ich ſchon, daß ſie in meiner Maſchine laͤgen, und es itzt nur darauf ankaͤme ſie einzeln zu erhaſchen, das iſt, die Hand nach beſtimmten Graden zu oͤffnen. Daß meine Maſchine, ſo armſelig ſie auch noch gen- (*) So iſt es auch bey den Toͤnen in der Muſik.
Wenn ein Klavier um einen ganzen Ton niedriger als gewoͤhnlich geſtimmt iſt, und ich gebe auf demſelben nur Einen Ton an, ſo wird man nicht kennen, daß es z. B. d ſeyn ſoll, man wird glauben, daß es ein e oder c waͤre, wenn ich aber nur einen kurzen Lauf auf dem Jnſtrumente mache, wird man ihn ſogleich aus der Verbindung, und aus dem Verhaͤltniße, das er mit anderen Toͤnen hat, erkennen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0457" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Sprachmaſchine</hi>.</fw><lb/> zog ich bald den Schluß, daß die Sprachlaute nur<lb/> durch das Verhaͤltniß, das ſie unter einander haben,<lb/> recht kenntlich werden, und ihre volle Deutlichkeit<lb/> erſt in der Verbindung ganzer Woͤrter und Re-<lb/> densarten erhalten<note place="foot" n="(*)">So iſt es auch bey den Toͤnen in der Muſik.<lb/> Wenn ein Klavier um einen ganzen Ton niedriger als<lb/> gewoͤhnlich geſtimmt iſt, und ich gebe auf demſelben nur<lb/> Einen Ton an, ſo wird man nicht kennen, daß es z.<lb/> B. <hi rendition="#aq">d</hi> ſeyn ſoll, man wird glauben, daß es ein <hi rendition="#aq">e</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">c</hi> waͤre, wenn ich aber nur einen kurzen Lauf auf dem<lb/> Jnſtrumente mache, wird man ihn ſogleich aus der<lb/> Verbindung, und aus dem Verhaͤltniße, das er mit<lb/> anderen Toͤnen hat, erkennen.</note> Zum wenigſten merkte ich<lb/> ſchon, daß ſie in meiner Maſchine laͤgen, und es<lb/> itzt nur darauf ankaͤme ſie einzeln zu erhaſchen, das<lb/> iſt, die Hand nach beſtimmten Graden zu oͤffnen.</p><lb/> <p>Daß meine Maſchine, ſo armſelig ſie auch noch<lb/> war, ſchon verſchiedene Selbſtlauter, und auch ei-<lb/> nige Mitlauter deutlich, aber nur noch nicht nach<lb/> meiner Willkuͤhr, und in einer beliebigen Ordnung<lb/> angab, davon wurde ich uͤberzeugt, als den fol-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gen-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0457]
Von der Sprachmaſchine.
zog ich bald den Schluß, daß die Sprachlaute nur
durch das Verhaͤltniß, das ſie unter einander haben,
recht kenntlich werden, und ihre volle Deutlichkeit
erſt in der Verbindung ganzer Woͤrter und Re-
densarten erhalten (*) Zum wenigſten merkte ich
ſchon, daß ſie in meiner Maſchine laͤgen, und es
itzt nur darauf ankaͤme ſie einzeln zu erhaſchen, das
iſt, die Hand nach beſtimmten Graden zu oͤffnen.
Daß meine Maſchine, ſo armſelig ſie auch noch
war, ſchon verſchiedene Selbſtlauter, und auch ei-
nige Mitlauter deutlich, aber nur noch nicht nach
meiner Willkuͤhr, und in einer beliebigen Ordnung
angab, davon wurde ich uͤberzeugt, als den fol-
gen-
(*) So iſt es auch bey den Toͤnen in der Muſik.
Wenn ein Klavier um einen ganzen Ton niedriger als
gewoͤhnlich geſtimmt iſt, und ich gebe auf demſelben nur
Einen Ton an, ſo wird man nicht kennen, daß es z.
B. d ſeyn ſoll, man wird glauben, daß es ein e oder
c waͤre, wenn ich aber nur einen kurzen Lauf auf dem
Jnſtrumente mache, wird man ihn ſogleich aus der
Verbindung, und aus dem Verhaͤltniße, das er mit
anderen Toͤnen hat, erkennen.
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