Kepler, Johannes: Antwort auf Röslini Diskurs. Prag, 1609.Ursach spricht Er/ dann die Erd sey materialisch grob schwer vnd vntüchtig/ der Himmel aber sey formalisch subtil leicht wie Gaist vnd Seel/ vnd vil geschickter zur bewegung. Antwort: wann es an der geschicklichait der Elementen allein lege/ so würde nit allein kain Menschlicher Leib im geringesten nit anderst/ dann bloß vndersich könden bewegt werden: sondern der Himmel würde auch selber nicht lenger lauffen/ dann etlicher Künstler motus perpetuus, das ist biß zumstillstehen. Dann in meiner Astronomia nova ist erwisen (thails auch in libro de stella gerühret) das die Sternekugeln eben sowol etwas/ gleich einer schwäre haben/ dadurch sie nit zum lauff/ sondern vilmehr zum stillstehen verursachet werden. Soll nun diese proprietas vnd diß stillstehen vberwunden werden: so gehört ein beweger darzu/ in des Menschen Leib eine Seel/ in der grossen weiten Welt ein species immateriata, versans in actu motus, welliche alle Sternkugeln/ so dero nahen/ vnd also auch die Erdkugel selber mit jhr herumb führe/ in dem sie stercker ist dann deroselben Natur/ zum stillstehen geneiget. Dann wann nit ein jeder Planet/ so wol als die Erde/ in sich hielte eine trägheit zum vmblauffen/ die jne mehr zum stillstehen raitzete: so würden alle Planeten so geschwind herumb kommen als Mercurius, weil sie alle nur einen treiber haben/ wellicher in der höch vnd in der tieffe zugleich herumb gehet/ vnd in einerley zeit. Hie maint villeicht D. Röslin/ der Himmel selber sey diser treiber. Antwort. Nain/ dann der Himmel hat nit qualificierte hende vnd klawen darzu/ das er damit fessele die runde Sternekugeln. Dann ist er so subtil/ wie D. Röslin fürgibt/ so wirdt er eben so wenig eine kugel treiben vnd vil weniger/ als mich zu Prag ein wind vber die Bruggen abwähet. Dann ich hab so viel gestudiert vnd erwisen/ das zwischen Himmel vnd Erden vil eine grössere verwandnis seye/ als Aristoteles, vnd mit jhme Roeslinus mainet: vnd sich gar von vnden hinauff argumentirn vnd folgern lasse. Es lasset sich aber D. Röslin vernemen/ Sonn/ Mond vnnd Sterne seyen in Himmel eingeschlossen/ derhalben sie wol mit müssen Ursach spricht Er/ dann die Erd sey materialisch grob schwer vnd vntüchtig/ der Himmel aber sey formalisch subtil leicht wie Gaist vnd Seel/ vnd vil geschickter zur bewegung. Antwort: wann es an der geschicklichait der Elementen allein lege/ so würde nit allein kain Menschlicher Leib im geringesten nit anderst/ dann bloß vndersich könden bewegt werden: sondern der Himmel würde auch selber nicht lenger lauffen/ dann etlicher Künstler motus perpetuus, das ist biß zumstillstehen. Dann in meiner Astronomia nova ist erwisen (thails auch in libro de stella gerühret) das die Sternekugeln eben sowol etwas/ gleich einer schwäre haben/ dadurch sie nit zum lauff/ sondern vilmehr zum stillstehen verursachet werden. Soll nun diese proprietas vnd diß stillstehen vberwunden werden: so gehört ein beweger darzu/ in des Menschen Leib eine Seel/ in der grossen weiten Welt ein species immateriata, versans in actu motus, welliche alle Sternkugeln/ so dero nahen/ vnd also auch die Erdkugel selber mit jhr herumb führe/ in dem sie stercker ist dann deroselben Natur/ zum stillstehen geneiget. Dann wann nit ein jeder Planet/ so wol als die Erde/ in sich hielte eine trägheit zum vmblauffen/ die jne mehr zum stillstehen raitzete: so würden alle Planeten so geschwind herumb kommen als Mercurius, weil sie alle nur einen treiber haben/ wellicher in der höch vnd in der tieffe zugleich herumb gehet/ vnd in einerley zeit. Hie maint villeicht D. Röslin/ der Himmel selber sey diser treiber. Antwort. Nain/ dann der Himmel hat nit qualificierte hende vnd klawen darzu/ das er damit fessele die runde Sternekugeln. Dann ist er so subtil/ wie D. Röslin fürgibt/ so wirdt er eben so wenig eine kugel treiben vnd vil weniger/ als mich zu Prag ein wind vber die Bruggen abwähet. Dann ich hab so viel gestudiert vnd erwisen/ das zwischen Himmel vnd Erden vil eine grössere verwandnis seye/ als Aristoteles, vnd mit jhme Roeslinus mainet: vnd sich gar von vnden hinauff argumentirn vnd folgern lasse. Es lasset sich aber D. Röslin vernemen/ Sonn/ Mond vnnd Sterne seyen in Himmel eingeschlossen/ derhalben sie wol mit müssen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="[8]"/> Ursach spricht Er/ dann die Erd sey materialisch grob schwer vnd vntüchtig/ der Himmel aber sey formalisch subtil leicht wie Gaist vnd Seel/ vnd vil geschickter zur bewegung. 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Ursach spricht Er/ dann die Erd sey materialisch grob schwer vnd vntüchtig/ der Himmel aber sey formalisch subtil leicht wie Gaist vnd Seel/ vnd vil geschickter zur bewegung. Antwort: wann es an der geschicklichait der Elementen allein lege/ so würde nit allein kain Menschlicher Leib im geringesten nit anderst/ dann bloß vndersich könden bewegt werden: sondern der Himmel würde auch selber nicht lenger lauffen/ dann etlicher Künstler motus perpetuus, das ist biß zumstillstehen. Dann in meiner Astronomia nova ist erwisen (thails auch in libro de stella gerühret) das die Sternekugeln eben sowol etwas/ gleich einer schwäre haben/ dadurch sie nit zum lauff/ sondern vilmehr zum stillstehen verursachet werden. Soll nun diese proprietas vnd diß stillstehen vberwunden werden: so gehört ein beweger darzu/ in des Menschen Leib eine Seel/ in der grossen weiten Welt ein species immateriata, versans in actu motus, welliche alle Sternkugeln/ so dero nahen/ vnd also auch die Erdkugel selber mit jhr herumb führe/ in dem sie stercker ist dann deroselben Natur/ zum stillstehen geneiget. Dann wann nit ein jeder Planet/ so wol als die Erde/ in sich hielte eine trägheit zum vmblauffen/ die jne mehr zum stillstehen raitzete: so würden alle Planeten so geschwind herumb kommen als Mercurius, weil sie alle nur einen treiber haben/ wellicher in der höch vnd in der tieffe zugleich herumb gehet/ vnd in einerley zeit.
Hie maint villeicht D. Röslin/ der Himmel selber sey diser treiber. Antwort. Nain/ dann der Himmel hat nit qualificierte hende vnd klawen darzu/ das er damit fessele die runde Sternekugeln. Dann ist er so subtil/ wie D. Röslin fürgibt/ so wirdt er eben so wenig eine kugel treiben vnd vil weniger/ als mich zu Prag ein wind vber die Bruggen abwähet. Dann ich hab so viel gestudiert vnd erwisen/ das zwischen Himmel vnd Erden vil eine grössere verwandnis seye/ als Aristoteles, vnd mit jhme Roeslinus mainet: vnd sich gar von vnden hinauff argumentirn vnd folgern lasse.
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(2013-12-10T13:26:34Z)
Weitere Informationen:Reste a corriger : figures astrologiques (p. 104), grec (pp. 114, 117, 134, 135) Bleibt noch zu korrigieren : astrologische Figuren (Seite 104 KGW), griechisch (Seite 114, 117, 134, 135). Die Transkription erfolgte nach den unter https://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Die Transkription beruht auf dem Abdruck des Textes in Max Caspar und Franz Hammer (Hg.): Johannes Kepler, Gesammelte Werke. München 1941 (= Kleinere Schriften 1601/1611, Bd. 4), S. 103–144.
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