Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

Bild:
<< vorherige Seite

Himmel herunter komme/ oder ob sie erst in der vntersten vns endlich anrührenden Lufft/ vnd deroselben Matery anhange? Dann da mag das blosse Gesicht gar nicht vnterscheiden/ sondern es muß ein Eynschlag auß der Vernunfft darzu kommen/ wann diß gebührender weise geschicht/ so wirdt D. Feselio seine meynung gerades wegs vmbgestossen/ vnd da er vermeynt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft vnsichtbar/ da ist das Gegenspiel wahr/ daß die Lufft sichtbar/ vnd der Himmel (der Farb halben) vnsichtbar sey.

Dann bedencke/ daß diese blauwe Farb nicht allwegen sey: dann zu nacht wann die Sterne leuchten/ spüret man keine blawe Farbe am Himmel, sondern nur allein einen weissen Schein/ das mögen auch kleine vnerkendtliche Sternlin seyn. Ja sprichstu/ es sey kein wunder/ zu nacht vergehet einem jeden Tuch die Farb. Antwort/ Der Sonnenschein/ der alle Farben wircklich sichtbar machet/ gehet zu nacht so wol durch den Himmel/ vnd die Sterne/ als vnter Tags: Das geschicht an einem blauwen Tuch nit: Derhalben die Schuldt nit auff das abwesen der Sonnen zulegen sie sey dann warhafftig abwesendt: sie ist aber abwesent/ nit von dem hohen Himmel/ sondern von diesem nidern Theil der Welt/ welches zu nacht in dem Schatten der Erdtkugel stehet. Derowegen muß diese blawe Farb hievnten in der Lufft hangen/ wann solche Lufft durch die Liechtstraalen der Sonnen durchgangen wird.

Diß wirdt auch dahero bestättiget/ weil es nicht alle Stundt am Tag gleich blauw ist/ sondern gemeinglich nur Morgents vnnd Abends/ auch offt ein Zeit kompt/ da der Himmel viel herrlicher vnnd blauwer ist/ dann zu einer andern Zeit: Nemlich wann die Sonn etwas bleych/ vnd die Lüffte kühl seynd/ welches ein anzeigen ist/ daß damalen die Matery/ in welcher diese blauwe Farb stecket/ etwas dicker sey/ dann sonsten: Diese veränderung geschicht bey vns in der Nachbaurschafft/ nicht aber am hohen Himmel.

Endtlich so frage D. Feselius nur einen Mahler/ ob die Lufft vnsichtbar/ oder er selber sehe nur einmal bey hellem Himmel von einer Höhe in ein weyt abgelegenes Gebürg hineyn/ vnd sage mir die Vrsach/ warvmb der Erdtboden blauwlecht werde/ also daß auch die

Giiijv

Himmel herunter komme/ oder ob sie erst in der vntersten vns endlich anrührenden Lufft/ vnd deroselben Matery anhange? Dann da mag das blosse Gesicht gar nicht vnterscheiden/ sondern es muß ein Eynschlag auß der Vernunfft darzu kommen/ wann diß gebührender weise geschicht/ so wirdt D. Feselio seine meynung gerades wegs vmbgestossen/ vnd da er vermeynt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft vnsichtbar/ da ist das Gegenspiel wahr/ daß die Lufft sichtbar/ vnd der Himmel (der Farb halben) vnsichtbar sey.

Dann bedencke/ daß diese blauwe Farb nicht allwegen sey: dann zu nacht wann die Sterne leuchten/ spüret man keine blawe Farbe am Himmel, sondern nur allein einen weissen Schein/ das mögen auch kleine vnerkendtliche Sternlin seyn. Ja sprichstu/ es sey kein wunder/ zu nacht vergehet einem jeden Tuch die Farb. Antwort/ Der Sonnenschein/ der alle Farben wircklich sichtbar machet/ gehet zu nacht so wol durch den Himmel/ vnd die Sterne/ als vnter Tags: Das geschicht an einem blauwen Tuch nit: Derhalben die Schuldt nit auff das abwesen der Sonnen zulegen sie sey dann warhafftig abwesendt: sie ist aber abwesent/ nit von dem hohen Himmel/ sondern von diesem nidern Theil der Welt/ welches zu nacht in dem Schatten der Erdtkugel stehet. Derowegen muß diese blawe Farb hievnten in der Lufft hangen/ wann solche Lufft durch die Liechtstraalen der Sonnen durchgangen wird.

Diß wirdt auch dahero bestättiget/ weil es nicht alle Stundt am Tag gleich blauw ist/ sondern gemeinglich nur Morgents vnnd Abends/ auch offt ein Zeit kompt/ da der Himmel viel herrlicher vnnd blauwer ist/ dann zu einer andern Zeit: Nemlich wann die Sonn etwas bleych/ vnd die Lüffte kühl seynd/ welches ein anzeigen ist/ daß damalen die Matery/ in welcher diese blauwe Farb stecket/ etwas dicker sey/ dann sonsten: Diese veränderung geschicht bey vns in der Nachbaurschafft/ nicht aber am hohen Himmel.

Endtlich so frage D. Feselius nur einen Mahler/ ob die Lufft vnsichtbar/ oder er selber sehe nur einmal bey hellem Himmel von einer Höhe in ein weyt abgelegenes Gebürg hineyn/ vnd sage mir die Vrsach/ warvmb der Erdtboden blauwlecht werde/ also daß auch die

Giiijv
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="[Giiijv]"/>
Himmel herunter komme/ oder ob sie erst in der vntersten vns endlich
             anrührenden Lufft/ vnd deroselben Matery anhange? Dann da mag das blosse Gesicht gar
             nicht vnterscheiden/ sondern es muß ein Eynschlag auß der Vernunfft darzu kommen/ wann
             diß gebührender weise geschicht/ so wirdt <hi rendition="#aq">D. Feselio </hi>seine
             meynung gerades wegs vmbgestossen/ vnd da er vermeynt/ der Himmel sey sichtbar/ die
             Lufft vnsichtbar/ da ist das Gegenspiel wahr/ daß die Lufft sichtbar/ vnd der Himmel
             (der Farb halben) vnsichtbar sey. </p>
          <p> Dann bedencke/ daß diese blauwe Farb nicht allwegen sey: dann zu nacht wann die Sterne
             leuchten/ spüret man keine blawe Farbe am Himmel, sondern nur allein einen weissen
             Schein/ das mögen auch kleine vnerkendtliche Sternlin seyn. Ja sprichstu/ es sey kein
             wunder/ zu nacht vergehet einem jeden Tuch die Farb. Antwort/ Der Sonnenschein/ der alle
             Farben wircklich sichtbar machet/ gehet zu nacht so wol durch den Himmel/ vnd die
             Sterne/ als vnter Tags: Das geschicht an einem blauwen Tuch nit: Derhalben die Schuldt
             nit auff das abwesen der Sonnen zulegen sie sey dann warhafftig abwesendt: sie ist aber
             abwesent/ nit von dem hohen Himmel/ sondern von diesem nidern Theil der Welt/ welches zu
             nacht in dem Schatten der Erdtkugel stehet. Derowegen muß diese blawe Farb hievnten in
             der Lufft hangen/ wann solche Lufft durch die Liechtstraalen der Sonnen durchgangen
             wird. </p>
          <p> Diß wirdt auch dahero bestättiget/ weil es nicht alle Stundt am Tag gleich blauw ist/
             sondern gemeinglich nur Morgents vnnd Abends/ auch offt ein Zeit kompt/ da der Himmel
             viel herrlicher vnnd blauwer ist/ dann zu einer andern Zeit: Nemlich wann die Sonn etwas
             bleych/ vnd die Lüffte kühl seynd/ welches ein anzeigen ist/ daß damalen die Matery/ in
             welcher diese blauwe Farb stecket/ etwas dicker sey/ dann sonsten: Diese veränderung
             geschicht bey vns in der Nachbaurschafft/ nicht aber am hohen Himmel. </p>
          <p> Endtlich so frage <hi rendition="#aq">D. Feselius </hi>nur einen Mahler/ ob die Lufft
             vnsichtbar/ oder er selber sehe nur einmal bey hellem Himmel von einer Höhe in ein weyt
             abgelegenes Gebürg hineyn/ vnd sage mir die Vrsach/ warvmb der Erdtboden blauwlecht
             werde/ also daß auch die
             <fw type="sig" place="bottom">Giiijv</fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Giiijv]/0073] Himmel herunter komme/ oder ob sie erst in der vntersten vns endlich anrührenden Lufft/ vnd deroselben Matery anhange? Dann da mag das blosse Gesicht gar nicht vnterscheiden/ sondern es muß ein Eynschlag auß der Vernunfft darzu kommen/ wann diß gebührender weise geschicht/ so wirdt D. Feselio seine meynung gerades wegs vmbgestossen/ vnd da er vermeynt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft vnsichtbar/ da ist das Gegenspiel wahr/ daß die Lufft sichtbar/ vnd der Himmel (der Farb halben) vnsichtbar sey. Dann bedencke/ daß diese blauwe Farb nicht allwegen sey: dann zu nacht wann die Sterne leuchten/ spüret man keine blawe Farbe am Himmel, sondern nur allein einen weissen Schein/ das mögen auch kleine vnerkendtliche Sternlin seyn. Ja sprichstu/ es sey kein wunder/ zu nacht vergehet einem jeden Tuch die Farb. Antwort/ Der Sonnenschein/ der alle Farben wircklich sichtbar machet/ gehet zu nacht so wol durch den Himmel/ vnd die Sterne/ als vnter Tags: Das geschicht an einem blauwen Tuch nit: Derhalben die Schuldt nit auff das abwesen der Sonnen zulegen sie sey dann warhafftig abwesendt: sie ist aber abwesent/ nit von dem hohen Himmel/ sondern von diesem nidern Theil der Welt/ welches zu nacht in dem Schatten der Erdtkugel stehet. Derowegen muß diese blawe Farb hievnten in der Lufft hangen/ wann solche Lufft durch die Liechtstraalen der Sonnen durchgangen wird. Diß wirdt auch dahero bestättiget/ weil es nicht alle Stundt am Tag gleich blauw ist/ sondern gemeinglich nur Morgents vnnd Abends/ auch offt ein Zeit kompt/ da der Himmel viel herrlicher vnnd blauwer ist/ dann zu einer andern Zeit: Nemlich wann die Sonn etwas bleych/ vnd die Lüffte kühl seynd/ welches ein anzeigen ist/ daß damalen die Matery/ in welcher diese blauwe Farb stecket/ etwas dicker sey/ dann sonsten: Diese veränderung geschicht bey vns in der Nachbaurschafft/ nicht aber am hohen Himmel. Endtlich so frage D. Feselius nur einen Mahler/ ob die Lufft vnsichtbar/ oder er selber sehe nur einmal bey hellem Himmel von einer Höhe in ein weyt abgelegenes Gebürg hineyn/ vnd sage mir die Vrsach/ warvmb der Erdtboden blauwlecht werde/ also daß auch die Giiijv

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/73
Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Giiijv]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/73>, abgerufen am 21.11.2024.