Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.Eygenschafft nicht vom Himmel seyen/ sondern von Gott etlichen noch vor Erschaffung deß Himmels gegeben seyen. Welche Philosophia bey mir desto mehr statt findet/ weil ich zwischen Erdt vnd Himmel (sonderlich dem Mondt) viel ein nähere Verwandtschafft glaube/ als die Aristotelici, vnd mir derowegen eben so vngereymbt Ding ist/ daß die Sonne oder andere Sterne einem Kraut oder Thier seine wesentliche Eygenschafft ertheilen solle/ als vngereymbt es lautet/so einer fürgebe/ das Schaaf oder Kuh empfienge jhre wesentliche Eygenschafft von dem Elephanten. So nimme ich auch Aristotelem in dem Verstandt an/ wie Feselius, das Fernelio zuwider sey/ wann Aristoteles lehret/ daß die natürliche Dinge den Vrsprung jhrer Bewegung bey sich selbst haben. Da dann Aristoteles jhme selbst nicht zuwider/ sondern bleibt nichts desto weniger wahr/ was er droben gesagt/ daß die nidere Kräfften von obenher regiert werden. Dann da er diß schreibt/ meynet er die Kräfften der Elementen/ vnd dieser vntern Welt selbst/ vnnd nit eben deren Dinge/ die drinnen seyndt. Doch ob schon Aristoteles nur von den Elementen geschrieben an erwehntem Ort/ so ist drümb nicht zu läugnen/ daß nicht auch die selbständige Geschöpff/ so in Lufft/ Wasser vnd Erden weben vnd schweben/ mit den himmlischen Bewegungen Gemeinschafft halten/ vnd also der Himmel jhnen den Anfang zur Bewegung auff sein gewisse Maaß mittheyle. Dann es hat zwar ja der Saamen in sich selbst den Vrsprung seiner Beweglichkeit im wachsen/ welcher Vrsprung besteht in seiner Eygenschafft/ Krafft vnd Vermögen/ oder potentia crescendi, aber der Himmel vervrsachet jhn zu dem Werck selbst/ als zu dem actu crescendi, in dem die Sonne herzu rücket/ die Wärme vervrsachet/ welche deß Saamens Krafft in die Feuchtigkeit herfür locket. Jst also et semen ex coelum ein jedes für sich/ prima causa, alterum potentialis ad actum: alterum actualis ad impedimentum Jiijv
Eygenschafft nicht vom Himmel seyen/ sondern von Gott etlichen noch vor Erschaffung deß Himmels gegeben seyen. Welche Philosophia bey mir desto mehr statt findet/ weil ich zwischen Erdt vnd Himmel (sonderlich dem Mondt) viel ein nähere Verwandtschafft glaube/ als die Aristotelici, vnd mir derowegen eben so vngereymbt Ding ist/ daß die Sonne oder andere Sterne einem Kraut oder Thier seine wesentliche Eygenschafft ertheilen solle/ als vngereymbt es lautet/so einer fürgebe/ das Schaaf oder Kuh empfienge jhre wesentliche Eygenschafft von dem Elephanten. So nimme ich auch Aristotelem in dem Verstandt an/ wie Feselius, das Fernelio zuwider sey/ wann Aristoteles lehret/ daß die natürliche Dinge den Vrsprung jhrer Bewegung bey sich selbst haben. Da dann Aristoteles jhme selbst nicht zuwider/ sondern bleibt nichts desto weniger wahr/ was er droben gesagt/ daß die nidere Kräfften von obenher regiert werden. Dann da er diß schreibt/ meynet er die Kräfften der Elementen/ vnd dieser vntern Welt selbst/ vnnd nit eben deren Dinge/ die drinnen seyndt. Doch ob schon Aristoteles nur von den Elementen geschrieben an erwehntem Ort/ so ist drümb nicht zu läugnen/ daß nicht auch die selbständige Geschöpff/ so in Lufft/ Wasser vnd Erden weben vnd schweben/ mit den himmlischen Bewegungen Gemeinschafft halten/ vnd also der Himmel jhnen den Anfang zur Bewegung auff sein gewisse Maaß mittheyle. Dann es hat zwar ja der Saamen in sich selbst den Vrsprung seiner Beweglichkeit im wachsen/ welcher Vrsprung besteht in seiner Eygenschafft/ Krafft vnd Vermögen/ oder potentia crescendi, aber der Himmel vervrsachet jhn zu dem Werck selbst/ als zu dem actu crescendi, in dem die Sonne herzu rücket/ die Wärme vervrsachet/ welche deß Saamens Krafft in die Feuchtigkeit herfür locket. Jst also et semen ex coelum ein jedes für sich/ prima causa, alterum potentialis ad actum: alterum actualis ad impedimentum Jiijv
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0087" n="[Jiijv]"/> Eygenschafft nicht vom Himmel seyen/ sondern von Gott etlichen noch vor Erschaffung deß Himmels gegeben seyen. </p> <p> Welche <hi rendition="#aq">Philosophia </hi>bey mir desto mehr statt findet/ weil ich zwischen Erdt vnd Himmel (sonderlich dem Mondt) viel ein nähere Verwandtschafft glaube/ als die <hi rendition="#aq">Aristotelici, </hi>vnd mir derowegen eben so vngereymbt Ding ist/ daß die Sonne oder andere Sterne einem Kraut oder Thier seine wesentliche Eygenschafft ertheilen solle/ als vngereymbt es lautet/so einer fürgebe/ das Schaaf oder Kuh empfienge jhre wesentliche Eygenschafft von dem Elephanten. </p> <p> So nimme ich auch <hi rendition="#aq">Aristotelem </hi>in dem Verstandt an/ wie <hi rendition="#aq">Feselius, </hi>das <hi rendition="#aq">Fernelio</hi> zuwider sey/ wann <hi rendition="#aq">Aristoteles </hi>lehret/ daß die natürliche Dinge den Vrsprung jhrer Bewegung bey sich selbst haben. </p> <p/> <p> Da dann <hi rendition="#aq">Aristoteles </hi>jhme selbst nicht zuwider/ sondern bleibt nichts desto weniger wahr/ was er droben gesagt/ daß die nidere Kräfften von obenher regiert werden. Dann da er diß schreibt/ meynet er die Kräfften der Elementen/ vnd dieser vntern Welt selbst/ vnnd nit eben deren Dinge/ die drinnen seyndt. </p> <p> Doch ob schon <hi rendition="#aq">Aristoteles </hi>nur von den Elementen geschrieben an erwehntem Ort/ so ist drümb nicht zu läugnen/ daß nicht auch die selbständige Geschöpff/ so in Lufft/ Wasser vnd Erden weben vnd schweben/ mit den himmlischen Bewegungen Gemeinschafft halten/ vnd also der Himmel jhnen den Anfang zur Bewegung auff sein gewisse Maaß mittheyle. </p> <p> Dann es hat zwar ja der Saamen in sich selbst den Vrsprung seiner Beweglichkeit im wachsen/ welcher Vrsprung besteht in seiner Eygenschafft/ Krafft vnd Vermögen/ oder <hi rendition="#aq">potentia crescendi, </hi>aber der Himmel vervrsachet jhn zu dem Werck selbst/ als zu dem <hi rendition="#aq">actu crescendi, </hi>in dem die Sonne herzu rücket/ die Wärme vervrsachet/ welche deß Saamens Krafft in die Feuchtigkeit herfür locket. </p> <p> Jst also <hi rendition="#aq">et semen ex coelum </hi>ein jedes für sich/ <hi rendition="#aq">prima causa, alterum potentialis ad actum: alterum actualis ad impedimentum <fw type="sig" place="bottom">Jiijv</fw> </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Jiijv]/0087]
Eygenschafft nicht vom Himmel seyen/ sondern von Gott etlichen noch vor Erschaffung deß Himmels gegeben seyen.
Welche Philosophia bey mir desto mehr statt findet/ weil ich zwischen Erdt vnd Himmel (sonderlich dem Mondt) viel ein nähere Verwandtschafft glaube/ als die Aristotelici, vnd mir derowegen eben so vngereymbt Ding ist/ daß die Sonne oder andere Sterne einem Kraut oder Thier seine wesentliche Eygenschafft ertheilen solle/ als vngereymbt es lautet/so einer fürgebe/ das Schaaf oder Kuh empfienge jhre wesentliche Eygenschafft von dem Elephanten.
So nimme ich auch Aristotelem in dem Verstandt an/ wie Feselius, das Fernelio zuwider sey/ wann Aristoteles lehret/ daß die natürliche Dinge den Vrsprung jhrer Bewegung bey sich selbst haben.
Da dann Aristoteles jhme selbst nicht zuwider/ sondern bleibt nichts desto weniger wahr/ was er droben gesagt/ daß die nidere Kräfften von obenher regiert werden. Dann da er diß schreibt/ meynet er die Kräfften der Elementen/ vnd dieser vntern Welt selbst/ vnnd nit eben deren Dinge/ die drinnen seyndt.
Doch ob schon Aristoteles nur von den Elementen geschrieben an erwehntem Ort/ so ist drümb nicht zu läugnen/ daß nicht auch die selbständige Geschöpff/ so in Lufft/ Wasser vnd Erden weben vnd schweben/ mit den himmlischen Bewegungen Gemeinschafft halten/ vnd also der Himmel jhnen den Anfang zur Bewegung auff sein gewisse Maaß mittheyle.
Dann es hat zwar ja der Saamen in sich selbst den Vrsprung seiner Beweglichkeit im wachsen/ welcher Vrsprung besteht in seiner Eygenschafft/ Krafft vnd Vermögen/ oder potentia crescendi, aber der Himmel vervrsachet jhn zu dem Werck selbst/ als zu dem actu crescendi, in dem die Sonne herzu rücket/ die Wärme vervrsachet/ welche deß Saamens Krafft in die Feuchtigkeit herfür locket.
Jst also et semen ex coelum ein jedes für sich/ prima causa, alterum potentialis ad actum: alterum actualis ad impedimentum
Jiijv
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T13:21:53Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T13:21:53Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T13:21:53Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1))
(2013-12-10T14:15:34Z)
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |