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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

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XIX. Brennmaterialien.
metrischer Berechnung zur vollständigen Verbrennung bedürfen,
nahezu dasselbe Verhältniss zeigen, und daraus hat sich obiges
Gesetz ergeben.


Werth der
Probe.

Neuerdings hat das Gesetz seine Gültigkeit verloren, indem
nach den genauen Versuchen von Favre und Silbermann (S. 442)
sich die absoluten Wärmeeffecte von C und H wie 1 : 4,2 ver-
halten und es fallen die nach dem Berthier'schen Verfahren
ermittelten Wärmeeffecte etwas zu niedrig aus, nähern sich aber
der Wahrheit um so mehr, je ärmer an freiem Wasserstoff und
je kohlenstoffreicher das Brennmaterial ist, so dass, wie Versuche
von v. Hauer 1), Schwarz 2), Stölzl 3) u. A. ergeben haben,
bei richtiger Ausführung des bequemen und raschen Verfahrens
von Berthier Resultate erhalten werden, welche in der Praxis
völlig brauchbar sind. Nach v. Hauer ist z. B. der Fehler
etwas grösser bei gut backenden Steinkohlen mit mehr nutz-
barem Wasserstoff, dagegen verschwindend klein bei allen
jüngeren Braunkohlen mit wenig freiem Wasserstoff, in allen
Fällen aber die Differenz für die Praxis von dem durch die
Analyse zu erhaltenden genaueren Resultate völlig unfühlbar.
Schwarz erhielt bei einem Torf nach der Berthier'schen Probe
17,76 Blei und nach der Berechnung aus der Elementaranalyse
würden 18,98 Blei erfolgen. Auch giebt die Probe allgemein
gültige Werthe an, während z. B. die Brennwerthbestimmung
nach der Menge des verdampften Wassers sich nur auf einen
speciellen Fall bezieht.


Verfahren.

Man mengt 1 Grmm. (von Graphit 1/2 Grmm.) auf einer
empfindlichen Wage genau abgewogenes, möglichst feinzer-
theiltes Brennmaterial innig mit 40 -- 50 Grmm. sehr feiner,
wohl durch Seide gesiebter, von metallischen Bleitheilen freier
Bleiglätte, thut das Gemenge in eine Bleitute, bedeckt dasselbe
mit noch 20--25 Grmm. Glätte, setzt die nur bis etwa zur
Hälfte anzufüllende bedeckte Tute vorsichtig, so dass nicht
durch Kippen Brennmaterialtheile entblösst werden, in einen
vorher bis zur Rothgluth erhitzten Muffel- oder Windofen und
bringt ihn möglichst rasch zum Rothglühen, wobei aus der
Glätte durch die organischen Bestandtheile des Brennstoffs um

1) Oestr. Ztschr. 1853. S. 34; 1856. S. 249. -- Jahrb. d. geolog. Reichs-
anst. 1864. XIV, 81.
2) Polyt. Centr. 1861. S. 480.
3) Polyt. Centr. 1858. S. 123.

XIX. Brennmaterialien.
metrischer Berechnung zur vollständigen Verbrennung bedürfen,
nahezu dasselbe Verhältniss zeigen, und daraus hat sich obiges
Gesetz ergeben.


Werth der
Probe.

Neuerdings hat das Gesetz seine Gültigkeit verloren, indem
nach den genauen Versuchen von Favre und Silbermann (S. 442)
sich die absoluten Wärmeeffecte von C und H wie 1 : 4,2 ver-
halten und es fallen die nach dem Berthier’schen Verfahren
ermittelten Wärmeeffecte etwas zu niedrig aus, nähern sich aber
der Wahrheit um so mehr, je ärmer an freiem Wasserstoff und
je kohlenstoffreicher das Brennmaterial ist, so dass, wie Versuche
von v. Hauer 1), Schwarz 2), Stölzl 3) u. A. ergeben haben,
bei richtiger Ausführung des bequemen und raschen Verfahrens
von Berthier Resultate erhalten werden, welche in der Praxis
völlig brauchbar sind. Nach v. Hauer ist z. B. der Fehler
etwas grösser bei gut backenden Steinkohlen mit mehr nutz-
barem Wasserstoff, dagegen verschwindend klein bei allen
jüngeren Braunkohlen mit wenig freiem Wasserstoff, in allen
Fällen aber die Differenz für die Praxis von dem durch die
Analyse zu erhaltenden genaueren Resultate völlig unfühlbar.
Schwarz erhielt bei einem Torf nach der Berthier’schen Probe
17,76 Blei und nach der Berechnung aus der Elementaranalyse
würden 18,98 Blei erfolgen. Auch giebt die Probe allgemein
gültige Werthe an, während z. B. die Brennwerthbestimmung
nach der Menge des verdampften Wassers sich nur auf einen
speciellen Fall bezieht.


Verfahren.

Man mengt 1 Grmm. (von Graphit ½ Grmm.) auf einer
empfindlichen Wage genau abgewogenes, möglichst feinzer-
theiltes Brennmaterial innig mit 40 — 50 Grmm. sehr feiner,
wohl durch Seide gesiebter, von metallischen Bleitheilen freier
Bleiglätte, thut das Gemenge in eine Bleitute, bedeckt dasselbe
mit noch 20—25 Grmm. Glätte, setzt die nur bis etwa zur
Hälfte anzufüllende bedeckte Tute vorsichtig, so dass nicht
durch Kippen Brennmaterialtheile entblösst werden, in einen
vorher bis zur Rothgluth erhitzten Muffel- oder Windofen und
bringt ihn möglichst rasch zum Rothglühen, wobei aus der
Glätte durch die organischen Bestandtheile des Brennstoffs um

1) Oestr. Ztschr. 1853. S. 34; 1856. S. 249. — Jahrb. d. geolog. Reichs-
anst. 1864. XIV, 81.
2) Polyt. Centr. 1861. S. 480.
3) Polyt. Centr. 1858. S. 123.
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[444/0482] XIX. Brennmaterialien. metrischer Berechnung zur vollständigen Verbrennung bedürfen, nahezu dasselbe Verhältniss zeigen, und daraus hat sich obiges Gesetz ergeben. Neuerdings hat das Gesetz seine Gültigkeit verloren, indem nach den genauen Versuchen von Favre und Silbermann (S. 442) sich die absoluten Wärmeeffecte von C und H wie 1 : 4,2 ver- halten und es fallen die nach dem Berthier’schen Verfahren ermittelten Wärmeeffecte etwas zu niedrig aus, nähern sich aber der Wahrheit um so mehr, je ärmer an freiem Wasserstoff und je kohlenstoffreicher das Brennmaterial ist, so dass, wie Versuche von v. Hauer 1), Schwarz 2), Stölzl 3) u. A. ergeben haben, bei richtiger Ausführung des bequemen und raschen Verfahrens von Berthier Resultate erhalten werden, welche in der Praxis völlig brauchbar sind. Nach v. Hauer ist z. B. der Fehler etwas grösser bei gut backenden Steinkohlen mit mehr nutz- barem Wasserstoff, dagegen verschwindend klein bei allen jüngeren Braunkohlen mit wenig freiem Wasserstoff, in allen Fällen aber die Differenz für die Praxis von dem durch die Analyse zu erhaltenden genaueren Resultate völlig unfühlbar. Schwarz erhielt bei einem Torf nach der Berthier’schen Probe 17,76 Blei und nach der Berechnung aus der Elementaranalyse würden 18,98 Blei erfolgen. Auch giebt die Probe allgemein gültige Werthe an, während z. B. die Brennwerthbestimmung nach der Menge des verdampften Wassers sich nur auf einen speciellen Fall bezieht. Man mengt 1 Grmm. (von Graphit ½ Grmm.) auf einer empfindlichen Wage genau abgewogenes, möglichst feinzer- theiltes Brennmaterial innig mit 40 — 50 Grmm. sehr feiner, wohl durch Seide gesiebter, von metallischen Bleitheilen freier Bleiglätte, thut das Gemenge in eine Bleitute, bedeckt dasselbe mit noch 20—25 Grmm. Glätte, setzt die nur bis etwa zur Hälfte anzufüllende bedeckte Tute vorsichtig, so dass nicht durch Kippen Brennmaterialtheile entblösst werden, in einen vorher bis zur Rothgluth erhitzten Muffel- oder Windofen und bringt ihn möglichst rasch zum Rothglühen, wobei aus der Glätte durch die organischen Bestandtheile des Brennstoffs um 1) Oestr. Ztschr. 1853. S. 34; 1856. S. 249. — Jahrb. d. geolog. Reichs- anst. 1864. XIV, 81. 2) Polyt. Centr. 1861. S. 480. 3) Polyt. Centr. 1858. S. 123.

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Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/482>, abgerufen am 23.11.2024.